: Die Türkei sammelt gute Freunde Vertrag mit Moskau unterzeichnet
Moskau (dpa/taz) — Trotz anhaltender Menschenrechtsverletzungen, Verfolgung und Mord an der kurdischen Bevölkerung bestätigt sich das Kalkül des türkischen Staatspräsidenten Özal, aus dem Golfkonflikt international als Gewinnler hervorzugehen: Seit Dienstag kann er nun auch auf einen „Vertrag über Freundschaft und gute Nachbarschaft“ mit der Sowjetunion verweisen. Özal und Gorbatschow vereinbarten außerdem verstärkte wirtschaftliche und wissenschaftlich- technische Zusammenarbeit. Es war der erste Besuch eines türkischen Staatschefs seit 22 Jahren in der Sowjetunion.
Özal, der auf seiner sechstägigen Reise von 70 Geschäftsleuten begleitet wird, erklärte gegenüber der Presse, daß die Türkei der Sowjetunion Kredite von 1,015 Milliarden US-Dollar eingeräumt habe, die von sowjetischer Seite allerdings erst zum Teil in Anspruch genommen worden seien. Türkische Baufirmen werden sich künftig an Projekten auf dem Gebiet der UdSSR beteiligen. Die Abschlüsse der türkischen Bauindustrie in diesem Bereich werden nach Özals Angaben 60 Millionen US-Dollar umfassen. „Die geographische Nähe ermöglicht eine besonders enge wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern“, betonte Özal. Weiter erklärte der türkische Präsident, die Schaffung einer „Schwarzmeer-Wirtschaftszone“, an der alle Anrainer-Länder beteiligt werden sollen, sei ein wichtiges Thema seiner Gespräche mit Gorbatschow gewesen. „Es geht bei dieser Zone nicht nur um infrastrukturelle Regierungsaktivitäten, sondern auch um den freien Verkehr von Menschen, Gütern und Kapital“, sagte Özal.
Bei dem Gespräch zwischen Gorbatschow und Özal zur Lösung des Nahostkonflikts nach dem Golfkrieg gab es nach den Worten des türkischen Gastes „keine Meinungsverschiedenheiten“. „Der Kern des Nahostproblems ist das Palästinaproblem. Das muß gelöst werden“, sagte Özal. Übereinstimmung bestand nach einer Meldung von 'TASS‘ in der Auffassung, bei einer künftigen Regelung müsse von der Unantastbarkeit der Grenzen ausgegangen werden.
Bereits vor einem Monat hatte der türkische Staatsminister Inan erklärt, seiner Meinung nach könne der Frieden in der Region nur über ein „System regionaler Zusammenarbeit“ erhalten werden, das „eine gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit“ schaffe. bel
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