Ein Hauff-Nachfolger wird noch gesucht

Der ehemalige Sozialministzer Armin Clauss hat die bisher besten Chancen/ Nicht rot-grün-begeistert aber kompromißfähig  ■ Aus Frankfurt Heide Platen

Klein ist er, lebendig, rundlich, agil; ein Schaffer, der während der einen Sitzung schon eifrig die Papiere für die nachfolgende studiert. Am Samstag, einen Tag vor dem SPD-Landesparteitag in Baunatal, wird Armin Clauss 53 Jahre alt werden und außerdem das Angebot in der Tasche haben, den leeren Frankfurter Oberbürgermeisterstuhl von Volker Hauff zu besetzen. Nicht ganz unwahrscheinlich, nachdem der hausinterne Kandidat, Stadtkämmerer Martin Grüber, eine Kandidatur ablehnte. Wirtschaftsdezernent Andreas von Schoeler gilt in der Frankfurter SPD nicht als mehrheitsfähig. Der smarte, immer sonnengebräunte Ex-FDPler wird als Vertreter der liberalen, postmodernen Hauff-Linie eingeordnet. Auch der Bremer Senator Henning Scherf dürfte kaum Chancen haben. Die ehrgeizige Vorsitzende des linken, südhessischen SPD-Flügels, Heidemarie Wieczorek-Zeul — schon eher eine Wunschkandidatin — wäre den untereinander traditionell zerstrittenen Frankfurter SPDlern wohl zu profiliert. Unwahrscheinlich ist auch, daß der altgediente Jörg Jordan zugunsten des metropolen Schleudersitzes auf sein Landwirtschaftsministerium verzichtet.

Clauss, der von 1976 bis 1985 hessischer Sozialminister war, qualifiziert sich — trotz des unverkennbar schwäbischen Zungenschlags — schon dadurch, daß er seit über 30 Jahren in Frankfurt lebt. Er wohnt im Neubauviertel Nordweststadt, das als sozialer Brennpunkt gilt. Sein Lebenslauf ist klassisch sozialdemokratisch. Bis 1960 Postbeamter, studierte dann an der Akademie für Arbeit in Frankfurt, war Gewerkschaftssekretär der IG Metall und DGB-Landesvorsitzender. Als Sozialminister übernahm er 1984 nach dem Krach der rot-grünen Koalition vorübergehend auch das Umweltministerium und erhielt prompt, in der Abkürzung der Mammut-Zusammenlegung, den Spitznamen „MAUS- Minister“. Clauss ist ein begeisterer Gremienmensch. Zu seinen Themen gehören neben der Sozial- auch die Umwelt- und die Medienpolitik. Er gilt nicht gerade als begeisterter Anhänger der rot-grünen Koalition, ist aber andererseits in parlamentarischer Kompromißfähigkeit bestens geübt. Außerdem profilierte er sich immer wieder als gern tüftelnder alter Hase in Verwaltungsfragen.

Von Volker Hauff, der sich bei der Eröffnung einer Kunstausstellung weniger fremd fühlte als auf einem Schützen- oder Feuerwehrfest, unterscheidet Clauss sich durch seinen handfesten Pragmatismus. Damit dürfte er zwar die von der Frankfurter SPD anvisierten neuen Wählerschichten von Bildungsbürgertum und Yuppis haarscharf verfehlen, dafür aber bei dem Gros der BürgerInnen gern gesehen sein. Die haben es nämlich trotz aller Metropolenattitüde gern gemütlich und überschaubar. Lokalpatriotismus ist immer noch eher auf den eigenen Stadtteil gerichtet als auf das urbane Ganze. Auch daran mag Volker Hauff gescheitert sein, der das Sammelsurium ehemaliger Dörfer von Bornheim bis Nieder- Eschbach für eine einzige Stadt gehalten hatte. Gestern mittag tagte die Frankfurter SPD, die am Dienstag eine schnelle Entscheidung versprochen hatte, noch immer hinter verschlossenen Türen.