: Himmelweiter Unterschied
■ “Sylvesterbiß in Polizeifinger bestraft“, taz v. 9.3.91
In dem Artikel heißt es: „Zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilte...“
Warum verzichtet Ihr nicht schlicht auf eine Berichterstattung, wenn Ihr nicht in der Lage seid, einigermaßen qualifizierte Journalisten zu einem Prozeß zu schicken. Der Artikel suggeriert, daß der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten zur Bewährung ausgesetzt, verurteilt worden ist.
Richtig ist, daß der Angeklagte verurteilt wurde, gem. § 59 StGB: Gegen ihn wurde eine Verwarnung ausgesprochen; gleichzeitig wurde vorbehalten gegen ihn eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen a 20 DM zu verhängen, wenn er im Verlauf einer einjährigen Bewährungszeit erneut auffällt. Das ist allerdings ein himmelweiter Unterschied: zwischen Freiheitsstrafe und Verwarnung.
Der Berichterstatter sagte mir, er sei nur „Praktikant“; mag sein, einige grundsätzliche Dinge sollte er allerdings für die Berichterstattung aus einem Strafverfahren schon mitbringen. Ich bin auch nicht in der Lage, ihm jeden Schritt und jede Vorschrift zu erläutern. Der o. g. Fehler beruht meines Erachtens auf einem Desinteresse und hätte beim schlichten Zuhören vermieden werden können.
Horst Wesemann/Rechtsanwalt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen