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Zum Sonderparken abgeordnet

■ Wer im Parkhaus steht, sollte nicht mit ÖPNV-Konzepten werfen

Bürgermeister Klaus Wedemeier hat eine Idee und die trug er am Donnerstag abend der Handelskammer vor: „Wir müssen vorrangig die Innenstadt von jenen PKW's entlasten, die nur für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt werden und dadurch Parkraum blockieren.“ Eine Idee, hinter der auch der Geschäftsführer der Parkplatz GmbH, Peter Rienäcker, „hundertprozentig“ steht. Und deshalb hat Rienäcker die Gebühren für Dauerparker nach und nach angehoben, für die zentral gelegenen Parkhäuser inzwischen auf 200 Mark pro Monat und Platz.

So weit, so teuer. Wenn es da nicht noch die „Bedingungen für das gebührenpflichtige Parken zum Sondertarif“ gäbe. In dem Vertragsentwurf steht unter 3): „Berechtigt sind Abgeordnete der Bremischen Bürgerschaft, Mitarbeiter der Fraktionsgeschäftsstellen und der Verwaltung der Bremischen Bürgerschaft.“ Die Damen und Herren Sonderparker bekommen für die Zeit ihrer Abgeordneten-Tätigkeit eine Generalkarte, die sie berechtigt, ihr Auto zum Spartarif von 80 Mark im Monat in jeder Hochgarage der Parkplatz GmbH beliebig lange herumstehen zu lassen. Und auch die Gattin oder andere Angehörige dürfen, denn: „Für den Bereich der Hochgaragen der Parkplatz GmbH ist die Generalkarte übertragbar.“ Kein Wunder, daß rund 30 Parlamentarier das Ticket nutzen.

„Ich hab' so eine Karte nicht“, reagiert der FDP-Verkehrssprecher Heinrich Welke hörbar erleichtert und verweist auf häufige ÖPNV-Benutzung. Und auch die autolose Grüne Verkehrspolitiklerin Irmgard Jahnke kann eine solche Frage überzeugend verneinen. Reinhard Barsuhn, SPD-Fraktionsvize und Anhänger des Wedemeier-Satzes, dagegen gibt ohne Umscheife zu, „Nutznießer“ einer solchen Karte zu sein. „Politiker haben die Aufgabe vorzudenken“, sagte er. Und: „Was Sie gedacht haben, müssen sie auch gegen sich verwenden lassen.“ Konsequenterweise will er sein Parkverhalten denn auch problematisieren und verlangt „sanften Druck gegen mich selbst“ um häufiger in die Straßenbahn zu steigen.

Auch Helmut Pflugradt von der CDU gesteht: „Ich hab' so eine.“ Und: „Ich habe mir bisher keine Gedanken darüber gemacht, ob das gerechtfertigt ist.“ Macht er sich aber dann auf der Stelle und findet: Es ist. Denn schließlich werde der Platz von den Abgeordneten ja nicht dauernd belegt.

Und dann sagt er noch ganz schnell, daß er sehr wohl bisweilen auch mit Bus und Bahn aus Vegesack komme. Wie gerade Donnerstag. Das ist natürlich prima und deshalb soll auch nicht unterschlagen werden, daß Helmut Pflugradt seine Bahnkarte als Abgeordneter selbstverständlich kostenlos bekommt. Rosi Roland

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