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Das bessere Müllkonzept-betr.: "Mißglückte Premiere", taz vom 19.2.91

„Mißglückte Premiere“ — taz vom 19.02.91

Sicherlich ist Gerd Rosenkranz zuzustimmen, wenn er in seinem Kommentar zum bayrischen Volksentscheid, dem ersten zur Umwelt in Deutschland überhaupt, feststellt, daß das Ergebnis weh tut.

Das von Bürgerinitiativen, den Naturschutzverbänden und den Grünen getragene „Bessere Müllkonzept“ hätte bei einer Mehrheit, die ja nur knapp verfehlt wurde, nicht nur für die deutsche Abfallpolitik Maßstäbe gesetzt. Von daher ist ja auch die Aufgeregtheit und die massive Einflußnahme der CSU und ihrer Regierungsorgane auf allen Ebenen des Bayernlandes vor der Abstimmung zu verstehen!

Aber trotz dieser Abstimmungsniederlage ist der Wert des direkt-demokratischen Instruments Volksbegehren/Volksentscheid eindrucksvoll bestätigt worden, denn

Erstens hat allein die Einleitung des Volksbegehren die bayrische Politik in Bewegung gebracht, nachdem vorher die Gesetzesentwürfe der Parteien jahrelang entscheidungslos schmorten — die parlamentarisch übermächtigte Staatsregierung hatte eben kein Interesse an der Veränderung des status quo.

Zweitens — Daß gesellschaftlich ein Bewußtseinswandel in bezug auf die Umwelt und auf die Möglichkeit, durch Plebiszite die etablierte Parteiendemokratie auf Trab zu bringen, stattgefunden hat, zeigte sich daran, daß selbst der bayrische Staatgerichtshof — offenbar zur Überraschung der CSU — das Volksbegehren im wesentlichen für zulässig erklärte.

Drittens und vor allem: Die nach der gerichtlichen Zulassung drohende Perspektive, daß durch den mehrheitlichen Volkswillen das bessere Müllkonzept zum Gesetz würde, brachte die CSU (und es sei geklagt: leider auch die SPD) binnen weniger Tage dazu, auf der Grundlage des SPD-Entwurfs ein Abfallgesetz zu verabschieden, daß bei allen Mängeln seines gleichen sucht in Deutschland!

In diesem Gesetz ist zum Beispiel festgeschrieben:

— Finanzierungshilfen für neue Müllverbrennungsanlagen nur in Ausnahmefällen, wenn und soweit sie „der Erforschung oder Erprobung neuer Technologien für die Behandlung von Abfällen dienen“, wobei die Abfälle ein Schadstoffminimierungsgebot vorgeschrieben ist;

— Zwang der entsorgungspflichtigen Körperschaften (also Landkreise und kreisfreie Städte) zur Erstellung von Abfallentsorgungsplänen, Abfallbilanzen und Entsorgungsnachweisen;

— Recht der betroffenen Menschen und Verbände auf Anhörung bei der Erstellung der Entsorgungspläne und -nachweise;

— progressiv gestaffelte Gebühren, „um Anreize zur Vermeidung von Abfällen zu schaffen“;

— Möglichkeit der Übertragung der Abfallentsorgung auf die Gemeinden (unter bestimmten Voraussetzungen).

Und dieses Gesetz tritt nun in Kraft — wenn das kein Erfolg der BIs und der Umweltbewegung sowie der Nutzung des Instruments Volksentscheid ist!

Daß dieser Erfolg schon durch den Druck des drohenden Volksbegehren erreicht wurde, ist sicherlich der wesentlichste Grund für die Abstimmungsabstinenz von 56% der Bevölkerung, den meisten schien dies eben ein annehmbarer Kompromiß. [...] Helmut Horst, Berlin

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