: Penner (SPD): Es gibt Schlimmere im Parlament als Rita Süssmuth
Bonn (ap) — Die Affäre um den Dienstwagen von Rita Süssmuth gewann übers Wochenende nochmals an Unterhaltungswert: SPD-Fraktionsvize Penner verglich Süssmuths eventuelle Sünden mit den größeren von Lambsdorff und de Maizière. Penner meinte einerseits, Süssmuth müsse sich an ihren eigenen moralischen Maßstäben messen lassen, wollte andererseits „die Meßlatte nicht zu hoch ansetzen“. Süssmuth brauche nicht aus dem Amt zu scheiden, solange ein „Graf Lambsdorff als FDP-Parteichef im Parlament sitzt, trotz krimineller Steuervergehen, wenn Lothar de Maizière Vorsitzender der CDU-Programm- Kommission wird, obwohl noch Stasi-Verdachtsmomente auf ihm lasten“. Rita Süssmuth selbst pries den Opfermut ihres Mannes, der sie ab und zu chauffiere. Sie weinte sich ausführlich in der 'Bild am Sonntag‘ aus und jammerte über eine „Hetzjagd“ und „durchsichtige Kampagne“. Ihr Ehemann habe für Privatfahren selbstverständlich sein eigenes Auto benutzt, mit dem er ohnehin lieber fahre. Am Steuer des Dienstwagens habe er nur den Chauffeur gespielt, um sie im Neusser Wahlkreis oder anderswo zu Veranstaltungen zu fahren. Die Benzinkosten seien entsprechend den gültigen Bestimmungen abgerechnet worden. Die Schweizer Autobahnvignette an der Windschutzscheibe des Dienstwagens erklärte sie mit wiederholten Fahrten in die Schweiz. Vorwürfe, sie habe dort ihre Tochter Claudia besucht, wies sie zurück.
Als Konsequenz aus der Dienstwagen-Affäre werde ihr Mann künftig wohl nicht mehr bereit sein, sie zu fahren. „Der große Einsatz meines Mannes ist ja offenbar mißverstanden worden. Er hat auf Hobbys verzichtet und sich in seiner Freizeit ganz der Aufgabe gewidmet, mich zu unterstützen.“
Der Bundeskanzler und CDU- Vorsitzende Helmut Kohl habe ihr den Rücken gestärkt. Auf die Frage, ob innerparteiliche Gegner jetzt beispielsweise im Streit um den Abtreibungsparagraphen 218 mit ihr ein leichtes Spiel hätten, sagte Süssmuth: „Niemand wird mit mir ein leichtes Spiel haben, wenn es um den Schutz der Kinder und der Frauen geht.“ Sie werde kämpfen.
Wie aus einer im Auftrag von 'Bild am Sonntag‘ vom Dortmunder Meinungsforschungsinstitut Forsa am vergangenen Freitag durchgeführten Umfrage hervorgeht, halten 68 Prozent der Bundesbürger es für möglich, daß die Vorwürfe von politischen Gegnern hochgespielt werden, um die Präsidentin in Mißkredit zu bringen.
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