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Sowjetischer Plan für Nahost

■ Bush: Keine Einmischung im Irak/ Major: PLO und Arafat haben nicht zwangsläufig mitzureden/ Dumas: PLO „unter den gegebenen Umständen“ Vertretung der Palästinenser

Moskau/Ankara/Washington/ London (ap/dpa/afp) — Die Sowjetunion hat einen Sechs-Punkte- Plan zur Nachkriegsordnung am Golf und im Nahen Osten vorgelegt, der die Reduzierung der ausländischen Truppen in der Region auf den Stand vor dem irakischen Einmarsch in Kuwait vorsieht. Wie der Sprecher des Außenministeriums, Tschurkin, am Samstag sagte, sieht der Plan die Aufstellung einer UNO-Friedenstruppe unter Beteiligung arabischer Staaten vor. Weiter wird vorgeschlagen, den Nahen Osten zur atomwaffenfreien Zone zu machen. Internationale wirtschaftliche Hilfe soll den Wiederaufbau der Region unterstützen. Bei Krisen solle der Militärische Stabsausschuß der UNO eingesetzt werden. Schließlich soll ein neuer Versuch zur Beilegung des arabisch- israelischen Konflikts unternommen werden. Die Moskauer Vorstellungen sind laut Tschurkin dem amerikanischen Außenminister Baker bei dessen dreitägigem Besuch vorgelegt und von diesem positiv aufgenommen worden.

Nach seinem Moskaubesuch war Baker am Samstagabend in Ankara mit dem türkischen Präsidenten Özal zusammengetroffen. Er hat der Türkei die Lieferung eines Patriot-Raketenabwehrsystems sowie 200 Millionen Dollar zusätzliche Wirtschaftshilfe zugesagt. Es seien keine Entscheidungen über eine Stationierung amerikanischer Waffen in der Türkei gefallen, sagte Baker vor seiner Abreise der Presse.

US-Präsident Bush hat am Samstag nach einem Treffen mit dem britischen Premierminister Major versichert, daß sich die alliierten Truppen nicht in die internen Vorgänge im Irak einmischen werden. In einer Reaktion auf die Rede des irakischen Diktators Saddam Hussein, der Demokratie und Pressefreiheit für sein Land versprochen hatte, sagte Bush, ein demokratischer Irak wäre zu begrüßen, er wolle aber Beweise für die Erfüllung dieser Versprechen.

Der britische Premierminister erklärte, es sei noch unklar, wann es einen formalen Waffenstillstand mit dem Irak geben werde. Die chemischen Waffen des Irak müßten unter internationaler Aufsicht zerstört werden. Nur so könne die Grundlage für eine dauerhafte Sicherheitsregelung im Nahen Osten gelegt werden, zitierte das BBC-Fernsehen den Premierminister. Die Palästinenser sollen nach Ansicht von Major bei der Regelung des israelisch-arabischen Konflikts hinzugezogen werden, dabei aber nicht zwangsläufig von der PLO und ihrem Chef Arafat vertreten werden. Major erklärte außerdem, Großbritannien werde keine Truppen auf Dauer in der Golfregion stationieren. Wann die britischen Soldaten abgezogen werden sollen, gab er jedoch nicht an.

Frankreich hingegen betrachtet die PLO und ihren Präsidenten Arafat nach den Worten von Außenminister Dumas „unter den derzeitigen Umständen“ weiterhin als repräsentative Vertretung der Palästinenser. Dies schließe aber nicht aus, daß in der Folge auch andere Persönlichkeiten als Vertreter der Palästinenser berücksichtigt werden könnten.

Die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates sind am Samstag in New York zu einer Sitzung zusammengetreten, auf der über die Lage am Golf und über eine mögliche Resolution zu diesem Thema beraten wurde. Bislang gibt es keinen vollständigen Resolutionsentwurf, man sei sich aber über einige „wesentliche Elemente“ einig, hieß es in diplomatischen Kreisen. Dazu gehörten unter anderem das Verbot der Chemiewaffenproduktion im Irak, die Bekräftigung einiger Forderungen der Resolution 686, die partielle Aufhebung der Wirtschaftssanktionen, die endgültige Festlegung der irakisch-kuwaitischen Grenze.

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