: Viertels Traumschiff ist da!
■ „Das Schiff“ transportiert ab Ostern 200 Fußballfans oder eine Betriebsfeier
Das Schiff ist gekommen! Groß, weiß und dick, von der kleinen Sielwall-Fähre freudig umschwirrt, schwebte die neue Errungenschaft des Hal-Över-Vereins gestern unter dunklen Wolken hindurch auf den Martinianleger zu, fischte dort einige versprengte Gäste auf, um dann an seinem Bestimmungsort, dem Sielwall-Anleger, jubelnd begrüßt zu werden.
Wer da jubelte, das waren die Eltern von zehn Schulkindern einer siebten Klasse der Gesamtschule Mitte, die mit ihrem Lehrer von der Rotterdamer Werft aus Das Schiff nach Bremen begleiten durften. Da gab es Wiedersehensfreude und Küßchen: Drei Tage Verspätung hatte Das Schiff gestern, aber eigentlich schon ein halbes Jahr, weil die Werft mehrmals die Termine nicht eingehalten hatte. Bei der letzten Verschiebung waren die Schulkinder schon in Rotterdam: Noch zwei Tage mußten sie sich in Holland die Zeit vertreiben, weil wieder etwas mit der Lenkung nicht stimmte, und sahen dort auf Wiesen und Deichen, wie Schafe Lämmer gebären, „tote und lebendige“.
Auf dem Schiff schliefen sie, die blendend weißen Tische und taubenblauen Stühle unter Deck beiseitegeschoben, sieben Nächte wie die Ölsardinen in ihren ausgerollten Schlafsäcken.
Tagsüber drehten sie einen Film über die Landschaft, das Schiff, die Arbeiten an Bord.
Und vorgestern, o Schreck, paßte das Schiff plötzlich nicht unter den Brücken des Küstenkanals hindurch! Da mußten erstmal alle Hohlräume unten im Schiff geflutet werden, bis es fünfzig Zentimeter tiefer lag. Bei einer Brücke, erzählen die SchülerInnen mit Schaudern, blieben mal gerade zwei Zentimeter Platz.
Zu Ostern nimmt die neue Sielwallfähre namens Das Schiff schon mal den Betrieb auf. Dann lodert wieder das Osterfeuer und öffnet auch das Cafe Sand. Nach dieser Kostprobe müssen sich die Fährgäste von dem neuen Schiff, das jeweils sonntags und bei Fußballspielen die kleine Schwester Hal Över ablösen soll, erstmal wieder trennen. Denn noch ist es etwas nackt, innen und außen. Außen kommt Kunst dran und innen Gardinen.
Das eine Million teure Stück hat die stolze Aufgabe, Geld einzufahren. Denn die kleine Schwester hat trotz 1,5 Millionen Mark Umsatz im letzten Jahr ein Defizit gemacht, wie das bei öffentlichen Verkehrsmitteln nun mal so ist. Wie auch das Cafe Sand soll die neue Fähre durch gesteigerte Lebenslust die Einnahmen steigern: Geplant sind Rundfahrten mit Kulturprogramm und Charterbetrieb. Ob Omas Geburtstag oder ein Betriebsfest mit 200 Gästen gefeiert wird, das Schiff ist zu allen Schandtaten bereit.
Ach ja, eigentlich darf es noch gar nicht so recht anlegen am Anleger. Der ist nämlich immer noch nicht breit genug. Die fehlenden zwei Meter Beton wollen die Vereinsmitglieder ganz schnell selbst dorthin schaffen. Und die schiffahrtsrechtliche Genehmigung ist auch nur noch reine Formsache: Das Schiff muß versprechen, nicht in die Fahrrinne hineinzuragen. Beate Ramm
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