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Golfkrieg bringt französische Zeitungen in Finanznot

■ Rückgang des Anzeigenaufkommens führt zu Stellenkürzungen

Paris (dpa) — Der Golfkrieg hat die französischen Zeitungen in erhebliche Finanznot gebracht. Zwar stiegen die Auflagen in den entscheidenden Krisenwochen kräftig an, doch lukrative Werbeanzeigen blieben aus, und die Kosten für die Berichterstattung schossen steil in die Höhe. Trotz Preiserhöhungen sind daher einige Organe in akute Existenznot geraten, zumal die Regierung wegen der Kriegskosten auch noch die Subventionen für die Tagespresse kürzen will.

Der rechtsgerichtete 'Quotidien de Paris‘ gab am Montag die Entlassung von 33 seiner 74 Journalisten und Stellenkürzungen im Druckbereich bekannt. Auch die Seitenzahl wird kräftig reduziert. Die Werbeeinnahmen seien 1990 um rund 30 Prozent geschrumpft, klagte Chefredakteur Philippe Tesson. Seit Jahresbeginn habe sich die Lage weiter verschlimmert: „Die strikte Finanzlogik würde verlangen, daß wir der Herausgabe des 'Quotidien de Paris‘ ein Ende machen.“

Auch der konservative 'Figaro‘ beschloß nach einem Rückgang der Anzeigeneinnahmen 1990 um 15 Prozent Stelleneinsparungen und erhöhte den Preis von 4,50 auf 5,00 Franc (1,50 Mark). Die Seitenzahl der Magazinbeilage wurde gekürzt, und auf die Programmbeilage 'Figaroscope‘ wurde in den Frühlingsferien ganz verzichtet.

Von dem Schicksal des sozialistischen 'Matin‘, der schon 1988 das letzte Mal erschienen war, ist der 'Figaro‘ aber weit entfernt. Mit 2,1 Milliarden Franc (626 Millionen Mark) Werbeeinnahmen 1989 — 70 Prozent seines Etats — wäre das Traditionsblatt allein sogar eine Goldgrube. Doch das Flaggschiff des Hersant- Konzerns, der 35 Prozent der überregionalen und 18 Prozent der regionalen Presse beherrscht, finanziert andere Konzernorgane, die von der Krise stärker betroffen werden. Darunter sind das Boulevardblatt 'France Soir‘, von dessen Überleben die Rentabilität der 'Figaro‘-Druckerei abhängt, und notleidende Zeitungen wie 'Nord Eclair‘ und 'Nord Matin‘.

In akuter Finanznot befindet sich auch das KP-Blatt 'Humanité‘. Doch ist dafür einmal nicht der Golfkrieg schuld — die Zeitung verzichtete auf teure Sonderkorrespondenten und lebt auch nicht von Anzeigen der Auto- und Luxusindustrie. Dafür reißt das Ausbleiben der „Solidaritäts- Abos“ aus der Sowjetunion tiefe Löcher ins Budget.

Für die renommierte 'Monde‘ bedeutet der Golfkrieg dagegen ein weitere Zuspitzung einer sowieso schon kritischen Finanzlage. Die Abendzeitung mit 1,2 Milliarden Franc (360 Millionen Mark) Umsatz schrieb schon 1989 rund 40 Millionen Franc (11,9 Millionen Mark) Verlust und ist nach der Modernisierung der Druckanlagen hoch verschuldet. Bis Ende 1992 will die 'Monde‘ deshalb 200 Arbeitsplätze abbauen. Und die Redaktion akzeptierte, daß erstmals seit Gründung des Blattes ein Ökonom die Zeitung führt und kein Journalist.

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