: Ich fühl mich wie ein Krokus!
■ Frühlingsanfang ist kein Grund zum Gähnen: Frühjahrsmüdigkeit ist out
hierhin bitte das Foto
mit den zwei Gähnern
Wie lange können Sie hinschaun, ohne sich zu infizieren?Foto: SHe
Im Märzen der Bauer die Rößlein anspannt... Haben wir jemals Roß und Bauer gähnend am Acker stehen sehen, während hoch droben die Lerchen fröhlich tirilieren und die Häschen Kriegen spielen? Merke: Roß, Bauer, Lerche und Hase sind hinterher müde.
Auch der moderne Großstadtmensch fängt zuweilen im Frühjahr das Tirilieren undsoweiter an und wundert sich dann, daß er morgens die Klüsen nicht mehr aufkriegt. Ein Taxifahrer: „Man ist generell schlapper. Das liegt an der warmen Luft, die können viele nicht ab.“ Aber dann kommt's: „Einige sind ein bißchen crazy. Im Frühling muß man alles nachholen, was man im Winter nicht machen konnte. Das macht müde.“
Alle kommen wieder aus ihren Löchern gekrochen, laufen bis spät abends draußen herum. Nach langen Winterabenden mit Bier
und Knabberzeug ist es aber mit der Kondition nicht mehr weit her.
Was all die Menschen da draußen suchen, ist ganz natürlich, wenn nicht sogar angeboren, bestätigt Rüdiger Wandrey, Zoo- Direktor im Bremerhavener Zoo am Meer: „Im Frühjahr wachen die Tiere richtig auf. Da kommen die Fortpflanzungshormone in Schwung, da brummt's. Die hängen nur lahm rum, wenn sie gerade gefressen haben, aber das tun wir ja auch.“ Aha, die Fortpflanzunghormone.
Sagt eine Mittdreißigerin mit glockenhellem Lachen: „Müde? Ich fühle mich wie ein Krokus!“ Und der Kollege: „Es riecht so gut, die Bäume schlagen aus, ich habe Frühlingsgefühle...“
Bei Justizsenator Volker Kröning beispielsweise „blühen die Lebensgeister auf“, er freut sich und arbeitet im Garten. Bausenator Konrad Kunick ruft aus einer Sitzung seiner Sekretärin zu, er sei zu wenig frühjahrsmüde, um sich mit diesem Quatsch zu befassen.
Auch Sozialsenatorin Sabine Uhl „steckt voller Elan“ und genießt die Sonne, wann immer sie kann. Glaubt frau den SenatorInnen, fahren sie allesamt am Wochenende durchs Blockland. Fortpflanzungshormone sind wahrscheinlich nicht jedermanns Problem.
Und das gemeine Fußvolk? Eine Marktfrau: „Da haben wir keine Zeit für, wir müssen immer um vier Uhr aufstehen.“ Die Kollegin am Obst- und Gemüsestand: „Ich bin immer sehr müde. Ich hole lieber Vitamine aus der Apotheke, da sind die konzentrierter als in meinem Obst.“
Daß die BremerInnen wie verrückt alles kaufen, was angeblich frühjahrsfit macht, bestätigen die Fachleute. Ein Apotheker: „Es werden mehr Vitaminpräparate verkauft. Außerdem Entschlackungstees und Mittel zum Abnehmen. Eine Reformhausverkäuferin: „Es werden mehr Obst-, Pflanzen-und Gemüsesäfte verkauft. Außerdem die Sieben-Tage-Körner-Kur. Und Artischockensaft.“
Alles in allem: Wohl mir, die regelmäßig die Krankenkassen- Zeitschriften liest. Im Frühling darf ich endlich wissenschaftlich abgesichert müde sein, und damit mir niemand etwas vorwerfen kann, trinke ich Vitaminbrause. bear/dh
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