: Wandbilder aus Lebenslust?
■ Die bremischen Wände-Bemaler Jürgen Schmiedekampf und Jub B. Mönster waren in Dakar, Senegal
Das muß man sich einfach mal vorstellen: „Wir sind abends irgendwann durch Dakar gegangen, und dann liegt da der Halbmond. Der liegt. Ich hab noch niemals 'nen liegenden Halbmond gesehen.“ Jub. B. Mönster, Jahrgang 1949, Teil des bremischen Wandmaler-Tandems Mönster/ Schmiedekampf ist noch hörbar fasziniert von seiner Reise ins senegalesische Dakar. Im Februar hatte er als einer (auch Jürgen Schmiedekampf, 40, war mit von der Partie) von fünf bundesweit bekannten KünstlerInnen an einer Ausstellung des Goethe-Instituts teilgenommen.
Dem Bremer Publikum sind die beiden Wandmaler vor allem durch das Rentnerpaar auf einer Hauswand am St. Pauli Deich, das sich über den gemalten Gartenzaun hinweg hurtig unterhält oder durch die Gestaltung der Außenwand von Werder Bremens Trainingshalle mit einer Bildergeschichte über den Verein bekannt.
Zu der Afrika-Exkursion waren die beiden eher zufällig gekommen, für Afrika jedenfalls hatten sie sich vorher nie speziell interessiert. Wie sowas eben passiert, Mönster kannte den freien Ausstellungsmacher Joachim Diederichs, der die richtigen Leute, und schon flogen sie alle zusammen nach Dakar.
Dakar jedenfalls war ein Kulturschock. „Man ist es einfach nicht mehr gewöhnt, dauernd mit Menschen umgeben zu sein. Wir sitzen ja so den größten Teil des
Jürgen Schmiedekampf (li.) und Jub B. MönsterFoto: Jörg Oberheide
Tages im Atelier und malen. Und ganz plötzlich wird man konfrontiert mit einer Dichte von Menschen, die man kennenlernt oder auch nicht, die einen bearbeiten. Das ist eine Situation, die ist so fremd, aber auch so freundlich, daß ich glaube, daß sich mit Sicherheit innerhalb meiner Male
hierhin bitte
die beiden
Männer
rei etwas ändern wird“, sagt Jub B. Mönster. Bisher änderte sich nur, daß Mönster seit der Rückkehr kein Bild mehr gemalt hat.
Allerdings drehte sich was spannend war an ihrer Reise, weniger um ihre eigene Kunst. Das Verständnis dafür war gering, obwohl ja Mönster/Schmiedekampf
in ihren Arbeiten auf grobe, anstößige oder schwer nachvollziehbare Reize verzichten. Die Kunstwahrnehmung der Afrikaner vollziehe sich jedoch traditionell anders, einerseits auf die ornamentalen und rituellen Form- und Farbrhythmen der verschiedenen Stämme bezogen und ande
rerseits mitten im Leben, in einer ständigen Auseinandersetzung mit den Vorgängen auf der Straße. Das sei ja der Grund gewesen, erläutert Jürgen Schmiedekampf das Ausstellungskonzept, weshalb man sich für die Präsentation von Wandmalerei entschieden habe, einer Kunstform, die auch „so'ne Öffentlichkeit hat“. Die war allerdings nur im Museum, als Modell, Entwurf oder Dia-Vortrag zu sehen, so daß sie sich gar nicht weiter an der gesellschaftlichen Realität zu reiben brauchte.
Aber was mehr zählt, sagt Mönster mit leicht schleppender Naivität, sei gewesen, „daß man überhaupt mal so'n Land und so'ne Kultur kennenlernt.“ Und das sei beispielsweise geschehen als sie, 4 Stunden nach dem rituellen Mittagessen beim deutschen Botschafter, durch die Slums von Dakars zu den Ateliers der senegalesischen Künstler kamen.
Es ist ein merkwürdiges Gespräch, das wir hier führen zwischen Cappuccino und Frühstücksbier, eines, in dem die beiden Maler schwanken zwischen ihrer euphorischen Redseligkeit und ihrer Verschlossenheit, sobald sie die Ebene der Anekdoten verlassen könnten. Ist denn ein Wandbild, ein Mittel die moderne Kunst wieder aus dem Ghetto herauszuführen? Das wäre eine Diskussion, die man auch ohne Dakar führen könnte. Ist ein hochprogressives Wandbild vielleicht nicht etwa nur ein aufgeblasenes, altbackenes Tafelbild? Ja, schon, aber es kommt auch drauf an. Und irgendwie doch nicht. Was ist dann das Kriterium für ein Wandbild? Es ist größer als Tafelbilder und wirkt deshalb anders. Und warum sie immer gegenständlich malen? „Weil ich unheimlich gerne lebe,“ sagt Mönster.
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