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Neu im Cinema: "Ay, Carmela!" von Carlos Saura

■ Flamenco im Fronttheater

“Wir sind Künstler, wir haben mit Politik nichts zu tun!“ Dieser Standardsatz läßt für die Helden in Theater, im Kino und in der Literatur immer das Schlimmste befürchten.

Die Varietekünstler Carmela, Paulino und ihr stummer Gehilfe Gustavete spielen für republikanische Soldaten im spanischen Bürgerkrieg Theater. Mit ihren pathetisch rezitierten Heldengedichten, den frivolen Flamencotänzen und der gefurzten Arie können sie noch so komisch sein — das tragische Ende ist vorprogrammiert. Und so überqueren sie in der gleichen Nacht, ohne es zu merken, die Front, werden von den Faschisten gefangengenommen und entkommen nur deshalb dem Erschießungskomando, weil auch Francos Soldaten gerne ins Variete gehen.

Sogar den Gefangenen der internationalen Brigaden soll am Abend vor ihrer Erschießung noch etwas Unterhaltung geboten werden. Carmela und Paulino werden dazu gebracht, in einem vulgären Sketch die Republik zu verhöhnen und ihre Fahne zu entehren. Jetzt holt der schicksalschwere Ausspruch vom Anfang des Films die Gaukler endgültig ein.

Carlos Saura mußte zwei belanglose, folkloristische Filme drehen (“Bluthochzeit“ und „Liebeszauber“), um sich von dem immensen Erfolg von „Carmen“ zu erholen. „Ay, Carmela!“ knüpft dagegen mit kargen, neorealistischen Bildern und dem streitbaren Blick auf die faschistische Vergangenheit seines Landes an seine ersten Filme an, die er noch unter Franco an der Zensur vorbeischmuggeln mußte. Der pädagogische Zeigefinger reckt sich dabei zwar manchmal allzu deutlich, aber die spanischen Starschauspieler Carmen Maura und Andrea Pajares verhindern, daß der Film zum leicht durchschaubaren Lehrstück ird.

Carmela und Paulino werden durch ihre Vitalität und Glaubwürdigkeit zu einem tragikomischen Paar: zu Schmierenkomödianten, die trotz Angst und erbärmlichem Opportunismus ihren Stolz und unsere Sympathie behalten. Carmen Maura erhielt für diese Rolle den europäischen Filmpreis '90, und in Hollywood wurde der Film sogar für einen Oscar für den besten ausländischen Films nominiert. Wilfried Hippen

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