INTERVIEW
: Unsere Milizen werden kämpfen

■ Milan Babić, Präsident der „Autonomen Region Krajina“, gilt als einer der wichtigsten Gefolgsleute des serbischen Präsidenten Milošević außerhalb Serbiens

taz: Mit Ihrem Beschluß, den Staat Kroatien zu verlassen, haben Sie die politischen Spannungen in Jugoslawien angeheizt. War denn das wirklich nötig? Welche Gründe waren ausschlaggebend dafür?

Milan Babić: Diese Entscheidung war nur der letzte Schritt. Unsere Erklärung war lediglich eine Reaktion auf die Entscheidung Kroatiens, sich von Jugoslawien unabhängig zu machen. Unser künftiger Platz kann nicht in einer unabhängigen Republik Kroatien liegen, denn die kroatische Politik und unsere Position stimmen nicht mehr überein.

Lassen Sie sich auch dies noch sagen: Bisher bildeten Serben, Kroaten und Slowenen einen gemeinsamen Staat. Heute haben die Kroaten und Slowenen für sich entschieden, diese Gemeinsamkeit aufzugeben, während die Serben in Kroatien an der Perspektive eines gemeinsamen Bundesstaates festhalten. Die Entscheidung der kroatischen Regierung, die Republikgesetze über die Bundesgesetze zu erheben, war für unsere jetzige Haltung ausschlaggebend.

Was wir nun wollen, sind zwei Punkte. Erstens, die Bundesgesetze sollen hier in Krajina in Kraft bleiben; zweitens wollen wir eigene Gesetze in der Region einführen. Und wir wollen aktiv an der Gestaltung der Zukunft Jugoslawiens teilhaben. Die definitive Entscheidung für die Unabhängigkeit gibt uns dazu eine Gelegenheit.

Dann sollten Sie aber schleunigst einen Sitz im Staatspräsidium fordern.

Ja, der Delegierte Kroatiens vertritt lediglich die Interessen Kroatiens und nicht unsere, so wäre dieser Schritt logisch. Aber das Staatspräsidium hat sich als funktionsunfähig erwiesen. Deshalb denken wir an ein Gremium von Delegierten aller Nationen in Jugoslawien und an Diskussionen im Rahmen des Bundesparlaments. Das schließt aber möglicherweise Albaner und Bosnijaken aus, die in der Verfassung nicht als Nationen definiert werden. Haben Sie ein sojwetisches Modell im Auge?

In der Sowjetunion gab es nur eine Fragestellung bei der Volksabstimmung. Bei uns gibt es zwei Optionen, nämlich die der Föderation und die der Konföderation. Die Lösung würde dann so aussehen, daß diejenigen Nationen, die eine Föderation, also einen Bundesstaat, wollen, den auch bilden können, während diejenigen, die eine Konföderation haben wollen, eine Konföderation mit dem Bundesstaat eingehen.

Dann müßten Sie ja von Ihrer Interessenlage eigentlich für die Konföderation eintreten?

Nein, für den Bundesstaat.

Das ist doch ein Widerspruch?

Wir werden eine Föderation mit Serbien, Teilen von Bosnien oder ganz Bosnien und Montenegro bilden. Aber die Beziehungen zu Kroatien wären dann im Rahmen einer Konföderation. Sollte dieses Modell nicht gelingen, bleibt uns noch der Eintritt in einen erweiterten serbischen Staat.

Das klingt ganz nach der Strategie des serbischen Präsidenten Slobodan Milošević. Haben Sie denn überhaupt keine Konflikte mit ihm?

Wir teilen die Positionen über die Lösung der serbischen Frage. Alle Serben, die in Jugoslawien leben, sollten in einem Staat leben. Deshalb halten wir beide an der Option eines Bundesstaates fest. Ich als serbischer Demokrat, Milošević als Sozialist.

Wie beurteilen Sie die Opposition in Serbien?

Ich stimme mit der Opposition in der Frage der beschleunigten Demokratisierung Serbiens überein. Aber kurz nach den Wahlen, die waren ja erst im letzten Jahr, sollte nicht die Machtfrage gestellt werden.

Werden Sie hier in Krajina die Demokratisierung vorantreiben? Gibt es bald Neuwahlen?

Unser System ist einfach: Wir haben ein Parlament, eine Regierung, und einen Präsidenten. Das Parlament hat 60 Sitze. Bis ein neues Parlament gewählt werden kann, bleiben die Distriktsabgeordneten der Krajina, die während der kroatischen Wahlen gewählt worden sind, Mitglieder des Parlaments.

Was würde passieren, wen die kroatische Regierung ihre Unabhängigkeitserklärung negiert und mit Polizeigewalt ihre Interessen durchsetzt?

Unsere Miliz würde sich wehren, ja wir würden kämpfen. Erich Rathfelder