: Barzani ruft zu Gegenregierung auf
■ USA schießen weiteres irakisches Kampfflugzeug ab und verstärken Druck auf irakische Armee im Südirak/ Barzani: „95 Prozent von Irakisch-Kurdistan befreit“/ Aziz beklagt Einmischung Irans
Teheran/Washington (afp/dpa) — Die USA haben am Freitag zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage ein irakisches Kampfflugzeug abgeschossen, laut CNN im Nordirak. Nach den Bestimmungen der Waffenruhe im Golfkrieg haben irakische Maschinen Flugverbot. Die USA haben Bagdad mehrfach davor gewarnt, gegen die Aufständischen die Luftwaffe einzusetzen. Gegen Hubschrauber, die nach Berichten aus der Region ebenfalls im Kampf gegen die Rebellen eingesetzt wurden, ist die US-Armee bislang nicht vorgegangen. Sie verstärkt jedoch offenbar im Süden des Irak an der gemeinsamen Demarkationslinie den Druck auf die irakischen Einheiten.
Am vergangenen Wochenende sprengten US-Soldaten ein irakisches Munitionslager bei Um Kasr in die Luft. Mit der zunehmend offensiven Haltung der amerikanischen Streitkräfte im Süden Iraks wollen die USA nach Ansicht der 'Washington Post‘ das Bagdader Regime zur Annahme der harten Bedingungen für einen dauernden Waffenstillstand zwingen.
Bagdad hat nach iranischen Angaben die Kontrolle über die kurdischen Gebiete im Norden des Iraks verloren. Unter Berufung auf Flüchtlinge berichtete die iranische Nachrichtenagentur 'Irna‘ am Freitag, der irakischen Armee seien bei der „Befreiung“ von Kirkuk durch die Rebellen schwere Verluste zugefügt worden. Weiter berichtete 'Irna‘, die irakische Armee habe bei der „Befreiung“ Kirkuks an die Aufständischen unter anderem Panzer und Granatwerfer verloren. Ein Infanterie-Bataillon habe sich der Opposition in Kirkuk ergeben. Die Armee habe Hubschrauber gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt und Ölquellen in Brand gesetzt.
Unterdessen rief der Vorsitzende der irakischen „Demokratischen Partei Kurdistans“ Massud Barzani alle Oppositionellen dazu auf, in die Heimat zurückzukehren und eine provisorische Regierung zu bilden. 95 Prozent des irakischen Kurdistan sei „befreit“. Der Sprecher des US- Außenministeriums, Richard Boucher, teilte am Donnerstag mit, „große Teile“ des Kurdengebiets seien unter Kontrolle der Aufständischen. Zu besonders schweren Kämpfen sei es auch in der Nähe der südlich von Bagdad gelegenen Heiligen Stadt Kerbala gekommen.
Die schiitische „Oberste Versammlung der islamischen Revolution im Irak“ (Sairi) beschuldigte die irakische Führung unter Präsident Saddam Hussein am Freitag, sie wolle sämtliche Ortschaften an der iranischen Grenze zerstören. Ein Sprecher der Schiiten sagte 'afp‘ in Teheran, Sairi-Führer Ayatollah Mohammad Baqir Hakim habe sich in einem Brief an UN-Generalsekretär Perez de Cuellar gewandt, um dagegen zu protestieren.
Die Bevölkerung der grenznahen irakischen Stadt Tanuma östlich von Basra sei bereits vor einigen Tagen gezwungen worden, die Stadt zu verlassen. Dies habe Bagdad mit allen Orten vor, die bis zu 30 Kilometer von der iranischen Grenze entfernt sind.
Der irakische Außenminister Tarik Aziz beschuldigte unterdessen in einem Protestschreiben an den UN- Sicherheitsrat und das UN-Generalsekretariat indirekt den Iran, die Unruhen im Irak zu schüren. In dem am Freitag von der irakischen Nachrichtenagentur 'Ina‘ veröffentlichten Brief heißt es, „bewaffnete Banden dringen aus einem benachbarten Land ein“ und verursachten die Unruhen. Diese „Infiltration“ habe direkt nach der Waffenruhe im Golfkrieg am 27. Februar begonnen. Durch die Kämpfe sei erheblicher Sachschaden an der Infrastruktur des Südirak verursacht worden. Daran leide vor allem die Bevölkerung, die schon durch die Bombardements der Alliierten schwer in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Zuvor hatten bereits Saddam Hussein und das irakische Parlament Teheran indirekt der Unterstützung der Aufständischen bezichtigt.
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