: Große Koalition als Retter aus der Not?
Berlin (dpa/afp/taz) — Angesichts der immer katastrophaleren Lage in den fünf neuen Bundesländern wird der Ruf nach einer überparteilichen politischen Zusammenarbeit lauter. Verstärkt kommt auch eine Diskussion über eine große Koalition in Bonn in Gang. Der Bonner CDU/ CSU-Fraktionsvize Geißler und Brandenburgs Ministerpräsident Stolpe (SPD) sprachen sich für einen Solidaritätspakt über Parteigrenzen hinweg aus. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Meyer, möchte eine große Koalition nicht mehr ausschließen. Wegen der problematischen Verhältnisse in den neuen Bundesländern hält er eine solche Koalition zwar nicht für wünschenswert, aber für denkbar. Er betonte, die praktischen Lösungsansätze von SPD und CDU näherten sich einander an. Die CDU klagte er an, die Probleme verschleiert zu haben. Die Kosten der Einheit seien ungerecht verteilt.
Dagegen ist der Bundesvorsitzende der SPD, Vogel, Gerüchten entgegengetreten, wonach seine Partei an einer großen Regierungskoalition interessiert sei. Die Bildung einer großen Koalition setze eine wichtige Grundregel der parlamentarischen Demokratie außer Kraft, die nach einer ablösungsfähigen starken Opposition gegenüber der Regierung verlange. Eine solche Koalition komme nur im Falle eines „ernsten nationalen Notstandes“ in Frage. Wenn die Unzufriedenheit in der Bevölkerung weiter zunimmt, möchte der SPD-Chef dagegen Neuwahlen nicht grundsätzlich ausschließen. Wie der jetzige, so erklärte auch der künftige SPD-Vorsitzende, daß es in seiner Partei keine Spekulationen über eine große Koalition gäbe. Entsprechende Diskussionen darüber kämen von seiten der CDU und der FDP, sagte Engholm. Am Donnerstag hatte der FDP-Vorsitzende Otto Graf Lambsdorff ihm ein „kaum zu übersehendes Liebäugeln mit einer großen Koalition“ unterstellt. Auch Engholm sieht für den Fall einer Krise der Regierungsparteien nur den Ausweg über Neuwahlen. Das SPD-Präsidiumsmitglied Gerhard Schröder hatte allerdings immerhin von „Spielereien“ in der SPD im Blick auf eine große Koalition gesprochen.
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