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Tory-Wahlprogramm klaut fröhlich bei Labour

Dublin (taz) — Der britische Premierminister John Major schielt auf die WählerInnen der Mitte. In seiner Rede vor dem Rat der Konservativen in Southport umriß er am Samstag das neue Tory-Wahlprogramm, das wichtige Elemente der Labour-Politik enthält.

So versprach Major eine „Bürger- Charta“, mit der eine hohe Qualität der öffentlichen Dienste garantiert werden soll. Falls die Dienste versagen, soll die Bevölkerung ein „Recht auf Schadensersatz“ haben. Der betreffenden Behörde können in dem Fall die Gelder gekürzt werden. Darüber hinaus will der Premierminister den Gesundheitsdienst und das Bildungswesen deutlich verbessern. Beide Bereiche sind in den letzten Jahren immer mehr ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Die Alternative zur Kopfsteuer, die in der vergangenen Woche vorgestellt worden war, überging Major in Southport geflissentlich.

Majors Rede enthielt jedoch auch Balsam für den rechten Parteiflügel. Die Tories halten an der Privatisierung der Eisenbahngesellschaft und der Kohleindustrie fest. Auch der staatliche Anteil an der Telefongesellschaft soll verkauft werden. Außerdem befürwortete Major — ganz im Sinne Margaret Thatchers — die Umwandlung von Sozialbauwohnungen in Eigentumswohnungen sowie die Abschaffung der Erbschaftssteuer bei Immobilien.

Majors Rede wurde von den anwesenden Tories reserviert aufgenommen. Viele glauben nicht daran, daß mit dem neuen Wahlprogramm abtrünnige WählerInnen zurückgewonnen werden können. Umfragen bestätigen diese Befürchtungen: Gestern lag die Labour Party sechs Prozent vor den Konservativen. Ein Tory-Abgeordneter sagte, der Termin für die Parlamentswahlen hänge von dem Ergebnis der Kommunalwahlen am 2. Mai ab. Ralf Sotscheck

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