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Erster Ostberliner Totalverweigerer frei

Berlin. Der erste ostdeutsche Totalverweigerer ist wieder in Freiheit. Am Wochenende wurde der Treptower Sascha Braumann aus dem Bundeswehrarrest entlassen. Er saß wegen Befehlsverweigerung seit Ende Januar insgesamt 30 Tage in der Essener Ruhrland-Kaserne in Beugehaft. Wie Braumann selbst mitteilt, ist er jetzt als Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Zwar könnte das Kreiswehrersatzamt Widerspruch einlegen, doch sei das unwahrscheinlich. Damit untersteht er dem Bundesamt für Zivildienst.

Vorerst muß Sascha Braumann auf seinen Prozeß in Essen warten. Dort muß er sich wegen »vier Wochen Dienstflucht« vor Gericht verantworten. Wann der Prozeß stattfindet, weiß der 19jährige nicht, das könne noch Monate dauern. Und bis dahin habe er ein mulmiges Gefühl im Magen, wie er sagt.

Die Einberufung zum Zivildienst will Braumann auch verweigern. Allerdings ginge die juristische Auseinandersetzung nach dieser Entscheidung von vorne los. Im Klartext: Ein neuer Prozeß würde folgen, und Braumann müßte möglicherweise wieder einsitzen — schlimmstenfalls bis zu eineinhalb Jahren.

Braumann begründet seine Totalverweigerung damit, daß Zivildienst nur eine andere Form von Wehrdienst sei. Vorgesetzte und Disziplinarstrafen gebe es genauso wie beim Bund. Außerdem würde er als Zivildienstleistender praktisch ein Streikbrecher sein, weil er nur Löcher stopfe, wie zum Beispiel im Pflegebereich, und so grundsätzliche Veränderungen in der Sozialpolitik verhindere. Braumann ist für eine generelle Abschaffung der Wehrpflicht. Doch von der Totalverweigerung will er niemanden überzeugen. Dies sei eine Sache, die jeder für sich selbst entscheiden müsse. aha

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