: Falscher Bart half nicht: Neonazi bleibt in Haft
München (taz) — „Keine eklatanten Auflagenverstöße“ — das ist die Bilanz der Münchner Polizei von der „Mahnwache“, die 300 Neonazis am Samstag abgehalten hatten. Gegen 13.30 Uhr hatten die Rechtsradikalen vor dem Deutschen Museum mit Auschwitz-Rufen die „Mahnwache“ beendet. Die Polizei habe nicht eingegriffen, so ein Sprecher, weil das zum Ende der Veranstaltung nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprochen hätte. Statt dessen habe man es vorgezogen, fünf Minuten abzuwarten, bis die Versammlung sich selber auflöste. Nach den Auflagen des Kreisverwaltungsreferates (KVR) durften die Geschichtsrevisionisten das Wort „Auschwitz“ nicht erwähnen.
Die Neonazis waren auf die Straße gegangen, weil das Deutsche Museum einen Mietvertrag kurzfristig gekündigt hatte. Am Samstag wurden acht Demonstrationsteilnehmer wegen Beamtenbeleidigung und Tragen von Nazi-Abzeichen kurzfristig verhaftet. Sie waren am Sonntag wieder auf freiem Fuß. Immer noch in Untersuchungshaft befindet sich dagegen der am Freitag verhaftete Ernst Cristof Zündel.
Dort soll er nach Angaben der Münchner Staatsanwaltschaft so lange bleiben, bis gegen ihn verhandelt wurde. Zündel wurde am Freitag abend im Münchner Stadtteil Lehel festgenommen. Er hielt sich in der Wohnung einer Bekannten auf und wollte am Wochenende am Leuchter-Kongreß teilnehmen. Die Beamten hätten Zündel trotz falscher Perücke und falschem Bart sofort erkannt.
Seit dem 24. Januar 1991 liegt ein Haftbefel gegen den führenden Revisionisten vor. Ihm werden die „Beleidigung des Andenkens Verstorbener“, „Aufstachelung zum Rassenhaß“ und „Volksverhetzung“ vorgeworfen. Die Klage dürfte auf die Januar-Ausgabe der 'Germania- Briefe‘ zurückgehen, die Zündel herausgibt. In dem Heft war die Einladung zum Leuchter-Kongreß erschienen.
Aus der Grünen-Stadtfraktion wurde gestern noch einmal Kritik am Kreisverwaltungsreferat (KVR) laut: „Das Verbot der Veranstaltung der Rechtsradikalen wäre durchsetzbar gewesen“, sagte Fraktionsmitarbeiter Siegfried Benker gegenüber der taz. Karin Mayer
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