: Oscars für Sioux und andere Minderheiten
■ Montagnacht wurden die Oscars verliehen
Überraschungen gibt es bei den Oscar-Verleihungen kaum noch. Kevin Costners Edelwestern Der mit dem Wolf tanzt war diesmal in sage und schreibe zwölf Kategorien nominiert, er galt von vornherein als der große Favorit und hatte bereits die wichtigsten Golden Globes abkassiert: Prompt hat die 4.940(!)köpfige Oscar-Akademie dem Drei-Stunden-Epos mit den bösen Weißen, den lieben netten Indianern und dem noch netteren Kevin Costner auch alle wichtigen Oscars zuerkannt: für den besten Film, die beste Regie, für Ton, Originalmusik, Schnitt, Fotografie und Drehbuch. Eine überflüssige Entscheidung: Der mit dem Wolf tanzt ist sowieso ein Kassenschlager (in den USA bisher rund 130 Millionen Dollar). Zwar pflegen die Akademie-Mitglieder niemals Filme auszuzeichnen, die nicht auch finanziell bereits Erfolg hatten, und der Oscar für den besten Film geht aus Gründen des Reglements (über ihn entscheidet die gesamte Akademie, über die einzelnen Kategorien nur die jeweiligen Fach-Kollegen) immer an den Film, der am ehesten eine breite Mehrheit für sich einnehmen kann. Aber warum dann keinen Oscar für Peter Weirs hinreißende Liebesgeschichte Green Card, dem derzeit immerhin erfolgreichsten Film in den USA? Und daß auch die Regisseure den Selbstdarsteller Costner gestandenen Profis wie Martin Scorsese (GoodFellas), David Lynch (Wild at Heart) oder Francis Ford Coppola (Der Pate III) für den Regie-Oscar vorzogen, ist bedauerlich.
Ausgerechnet den Darsteller- Preis bekam Kevin Costner nicht; er ging an Jeremy Irons, der in Barbet Schroeders Die Affaire der Sunny von B. den äußerst distinguierten Gatten spielt. Überraschend auch der Sieg der Außenseiterin Kathy Bates (Misery) vor Meryl Streep und Anjelica Huston, erwartungsgemäß dagegen Whoopi Goldbergs Auszeichnung für die beste weibliche Nebenrolle in Ghost. Beste männliche Nebenrolle: Joe Pesci in GoodFellas. Daß der für den Auslands-Oscar favorisierte Cyrano de Bergerac (mit Gérard Depardieu) nur für die besten Kostüme geehrt wurde, überraschte nach den jüngsten Meldungen ebenfalls kaum noch. Zu sehr geilt sich Amerika an dem Skandal um ein Depardieu-Interview von 1978(!) auf, in dem der Schauspieler von Vergewaltigungen erzählt, die er als Jugendlicher miterlebt hat. Den Oscar für den besten ausländischen Film erhielt stattdessen Xavier Kollers Reise der Hoffnung, die Geschichte von türkischen Asylsuchenden in der Schweiz. Es scheint, die Akademie hatte heuer ein Herz für unterdrückte Minderheiten. chp
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