: Halbe Milliarde mehr für den Krieg
■ Durch den gestiegenen Dollarkurs zahlt Bonn 430 Millionen DM mehr in die Kriegskasse der USA/ Waigel findet diese Regelung völlig okay/ Bundesbank hätte ja auch billig Dollars eingekauft
Bonn (afp) — Der deutsche Beitrag in die Kriegskasse der USA wird immer höher. Wegen des gestiegenen Dollarkurses wird Bonn fast eine halbe Milliarde — offiziell um 430 Millionen Mark — zusätzlich nach Washington überweisen. Dies teilte Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) am Mittwoch nach der Rückkehr von einem zweitägigen USA- Besuch vor Journalisten in Bonn mit. Trotzdem, behauptet Waigel, entstünden für die deutsche Volkswirtschaft und den Bundeshaushalt dadurch jedoch keine Nachteile, da die Bundesbank die Dollars für 1,49Mark angekauft habe und somit einen Gewinn ausweisen werde. Daß Bundesbankgewinne aus veränderten Wechselkursen üblicherweise nicht nach Washington überwiesen werden, ließ Waigel unerwähnt. Insgesamt beträgt der deutsche Beitrag an den Kriegskosten damit gut 18 Milliarden Mark, statt der ursprünglichen 17,6 Milliarden Mark. US- Präsident George Bush, so versicherte Waigel, habe jedoch bisher keine Nachforderungen an Bonn gestellt. Die genauen Kosten des Krieges werde Washington „in wenigen Wochen“ bekanntgeben. Der Minister betonte, daß er in den USA auch auf die deutschen Beiträge an der internationalen Lastenteilung sowie die Kosten für den Wiederaufbau Ostdeutschlands hingewiesen habe.
Nachdrücklich wies Waigel den SPD-Vorwurf der Pflichtverletzung als „Demagogie“ zurück. Er habe keinerlei voreilige Zusagen gemacht. Die stellvertretende SPD- Fraktionsvorsitzende Ingrid Matthäus-Maier warf dem Finanzminister unterdessen leichtfertigen Umgang mit dem Geld der Steuerzahler vor. Obgleich in den USA die Kriegskosten noch stark umstritten seien und der US-Rechnungshof von möglicherweise nur 35 Milliarden Dollar ausgehe, wolle Waigel von den USA kein Geld zurückhaben, erklärte sie in Bonn. Die SPD hatte deshalb schon vor einer Woche gefordert, die jetzt zugesagte dritte Rate an die USA nicht zu zahlen. Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) äußerte sich befriedigt über Verlauf und Inhalt der Gespräche. Waigel habe in den USA einen Überblick über die tatsächliche Lage im vereinten Deutschland vermittelt, sagte Regierungssprecher Norbert Schäfer vor der Presse in Bonn. Die Bundesregierung hatte den USA die Zahlungen von insgesamt 6,549 Milliarden Dollar in US-Währung zugesagt. Die letzte Rate von 1,68 Milliarden Dollar soll am Donnerstag an die USA gezahlt werden. Bei seinen Berechnungen war Bonn ursprünglich von einem Dollarkurs von 1,50 Mark ausgegangen. Inzwischen stieg der Kurs der US-Währung jedoch auf knapp unter 1,70 Mark, also rund 20 Pfennig mehr. Waigel betonte, daß die Zahlung an die USA in Dollar vereinbart worden sei, um „ganz bewußt“ eine verläßliche Basis zu schaffen und Nachforderungen seitens der USA zu verhindern. Die Japaner hatten anders als die Deutschen darauf bestanden, ihren Anteil in ihrer Landeswährung zu zahlen. Minister Waigel räumte ein, daß die Bundesregierung die 430 Millionen Mark zusätzlich hätte sparen können, wenn sie ähnlich vorgegangen sei. In diesem Falle seien aber von amerikanischer Seite Nachforderungen möglich gewesen. Die Zahlungen an die übrigen vom Golfkrieg betroffenen Staaten seien in D-Mark vereinbart worden, sagte Waigel. Neben den Zahlungen an die USA gehen von den insgesamt gut 18 Milliarden Mark rund 1,3 Milliarden an Großbritannien, 1,54 Milliarden an die Türkei, 1,7 Milliarden an Israel sowie weitere Millionen an Frankreich, Italien, die Niederlande, Ägypten, die Türkei und Jordanien. Vorläufigen Berechnungen der USA zufolge liegen die Kriegskosten für die Alliierten der USA bei etwa 54,5 Milliarden Dollar. Diese Summe wird durch die Zusagen der Verbündeten abgedeckt. Die USA müssen die darüber hinausgehenden Kosten sowie die „Grundkosten“ wie Transport, Unterhalt und Ausbildung der 500.000 US-Soldaten am Golf tragen, sagte Waigel. Angaben über die mögliche Höhe dieser Kosten wollte der Minister nicht machen. Bei seinen Gesprächen in den USA sei ihm aber wiederholt bestätigt worden, daß die USA an den Beiträgen der Alliierten zu den Kriegskosten nicht verdienen wollen.
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