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Türkisches Fernsehen ante Antenne

■ Staatsprogramm TV 5 soll in Bremen Frequenz bekommen

“TRT bringt manipulierte, zensierte Information, das ist keine Bereicherung für uns“, schimpft Güle Iletmis vom Dachverband ausländischer Kulturvereine Bremens (DAB). Der Verband, der letztes Jahr noch für den Erhalt der türkischen Radiosendung „Biz Bize“ kämpfte, ist überhaupt nicht damit einverstanden, daß demnächst türkisches Fernsehen über Bremer Bildschirme flimmern soll. Der staatliche Kanal TV 5 bereitet auch der Bremer Landesmedienanstalt Bauchschmerzen: Sie muß entscheiden, ob die Fernsehanstalt TRT mit ihrem Vollprgramm TV 5 in Bremen eine Frequenz erhält. Bremer Türken könnten dann Nachrichten, Kultur-und Politiksendungen oder auch Spielfilme in ihrer Landessprache sehen. Der Haken: Kulturverband wie Landesmedienanstalt fürchten, daß der türkische Staat mit dem Sender mehr manipuliert, als informiert.

Momentan prüft die Landesmedienanstalt, ob TV 5 gegen das Postulat der Meinungsvielfalt verstößt. „Wir fürchten, daß der staatliche Sender mit TV 5 Meinungen manipuliert. Meinungen können auch durch Auslassung beeinflußt werden. Der türkische Staat hat Probleme mit der Demokratie, er ist deshalb auch gerade aus dem Europarat ausgeschlossen worden“, so vorsichtig umschreibt Wolfgang Schneider von der Bremer Landesmedienanstalt die Gründe für eine mögliche Ablehnung des Senders. In Nordrhein-Westfalen, München und Hamburg ist TV 5 bereits auf Sendung — allerdings hatten die anderen Landesmedienanstalten ebenfalls ihre Probleme mit der Genehmigung von TV 5. Nordrhein-Westfalen gab eine Studie über den Sender in Auftrag. Darin kam ein Bonner Politologie-Student zu dem Schluß, daß der Sender nicht ausgewogen berichtet. „Aber das machen die wenigsten, das ist also kein Grund, dem Sender die Frequenz zu verweigern. Zwischen unausgewogener Berichterstattung und Einschränkung der Meinungsvielfalt besteht eine wichtige Differenz“, erklärt Wolfgang Schneider. Die Bremer Landesmedienanstalt hält die nordrhein-westfälische Studie für zu oberflächlich und wird daher TV 5 von türkischen Experten nochmals überprüfen lassen. „Für das Programm spricht allerdings der hohe Bedarf an türkisch-sprachigen Fernsehsendungen. Der Videokonsum ist bei Türken wohl aus diesem Grund so hoch“, meint Schneider.

Cem Teskin vom türkischen Jugendverein teilt die Bedenken der Landesmedienanstalt: „Angst habe ich schon, daß die Sendungen ideologisch geprägt sind. Politisch ist mir das unheimlich. Andererseits ist gerade die erste Generation der Türken in der Bundesrepublik bestimmt froh, regelmäßig Nachrichten aus der Türkei zu hören.“ Die zweite und dritte Generation würde sich weniger für den Sender interessieren, vermutet Herr Teskin. Diese seien mehr an der hiesigen Kultur interessiert.

Susanne Brahms

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