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Krisenmanager im Tornado der Treuhand-Kritik

■ Der mit vielen Vorschußlorbeeren angetretene Detlev Karsten Rohwedder war bei der Sanierung der maroden DDR-Wirtschaft wenig erfolgreich

Als sozialdemokratischer Unternehmer hat Detlev Karsten Rohwedder (58) immer dafür plädiert, ArbeitnehmerInnen möglichst früh über anstehende Entlassungen zu informieren. Dann hätten sie es leichter, sich auf das Unvermeidliche einzustellen. Seit 1980, als Rohwedder Vorstandsvorsitzender des damals hochverschuldeten Hoesch-Konzerns wurde, mußte sich knapp die Hälfte der Belegschaft auf den Verlust des Arbeitsplatzes einstellen. Nach abgeschlossener Sanierung 1987 waren von den früher 28.000 Beschäftigten noch 14.800 in Dortmund „auf Hoesch“.

Der gelernte Rechtsanwalt und Steuerberater hat seine Berufung zum Krisenmanager allerdings erst spät entdeckt. Mit 47 Jahren, 1979, stieg er aus dem sicheren Sessel des beamteten Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium in einen Schleudersitz im Dortmunder Hoesch-Vorstand um. Rohwedders Aussichten, auf diesem Posten zu bestehen, waren denkbar schlecht: Ende der 70er Jahre befand sich die Stahlkrise auf ihrem Höhepunkt, er selbst brachte keine Industrie-Erfahrung mit.

Doch der Außenseiter machte den Job zur Zufriedenheit seiner Managerkollegen. Schon 1980 wurde er bei Hoesch Vorstandsvorsitzender, leitete ein umfassendes Sanierungsprogramm ein und baute Hoesch zu einem erfolgreichen High-Tech-Konzern um. Unter anderem gelang das dem ehemaligen Staatssekretär durch das geschickte Lockermachen von Steuergeldern.

Der Sohn eines Buchhändlers aus Gotha und Liebhaber alter Bücher hatte nach seiner Jura-Promotion anfangs als Steuerberater in Düsseldorf gearbeitet. 1969, zum Auftakt der sozialliberalen Koalition holte ihn der damalige SPD-Wirtschaftsminister Karl Schiller in sein Ministerium. Rohwedder diente später bis 1978, auch den Herren von der anderen Partei, den FDP-Ministern Hans Friderichs und Otto Graf Lambsdorff. In seiner eigenen Partei fühlte sich der Angehörige der „Nadelstreifenfraktion“ eher als Außenseiter. Er bemängelte, daß „keiner von den Leuten aus der Wirtschaft wirklich über einen Einfluß in der Partei“ verfüge. In einem Interview mit der 'Wirtschaftswoche‘ hielt er „es nicht für gut, daß sich die SPD ausschließlich als die politische Organisation versteht, die sich durch dick und dünn und auf jeden Fall die Position des DGB zu eigen macht“. Rohwedders Ruf als erfolgreicher Krisenmanager brachte ihn dann bei CDU-Kanzler Kohl für die größte Sanierungsaufgabe der deutschen Nachkriegsgeschichte ins Gespräch: die Privatisierung der gesamten DDR-Staatswirtschaft, die allerdings nur sehr holprig in Fahrt kam. Der Treuhand- Chef klagte, seine Holding, die als Bundesvermögen ständig politischen Eingriffen und Vorgaben ausgesetzt ist, müsse die Aufgaben von 20 früheren DDR-Ministerien wahrnehmen.

Hemmschuh und Jobkiller

Die Anstalt, die im Auftrag der Bundesregierung bislang rund 1.000 Filetstücke aus den rund 8.000 volkseigenen Betrieben (VEB) herausgelöst und privatisiert hat, ist die weltweit größte Holding. Seit ihrer Gründung im Juni 1990 steht sie im Kreuzfeuer der Kritik: Unternehmer in Ost und West sowie die ArbeitnehmerInnen sehen sie als Hemmschuh und Jobkiller. Um seine Sicherheit sorgte sich der mit der Landgerichtsrätin Hergard Toussaint verheiratete Vater einer Tochter und eines Sohnes jedoch offensichtlich nicht.

Von den ArbeitnehmerInnen in den neuen Bundesländern als Inkarnation des eiskalten Kapitalismus kritisiert, ist die Treuhand tatsächlich die Schöpfung des letzten sozialistischen Regierungschefs der DDR, Hans Modrow. Dessen Übergangsregierung beschloß am 1. März 1990 die Gründung einer „Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums“, die die bisher volkseigenen Betriebe in Kapitalgesellschaften umwandeln sollte. Eine Privatisierung im großen Umfang war allerdings in dem Konzept der PDS-Regierung nicht vorgesehen. Angestrebt wurde die Ausgabe von Aktien an die DDR-Bevölkerung.

Faktisch wurde die Treuhandanstalt jedoch erst im Sommer 1990 etabliert, nachdem die frei gewählte Volkskammer das Treuhandgesetz verabschiedet hatte. Es zielte darauf ab, möglichst viele Betriebe wettbewerbsfähig zu machen. Die Sanierungskosten sollten durch Verkäufe gedeckt werden — eine Vorstellung, die bitter enttäuscht wurde. Angesichts der Misere und wegen interner Streitigkeiten über den Kurs der Anstalt war Rohwedder-Vorgänger Reiner Gohlke am 20. August nach nur fünf Wochen von der Treuhand-Spitze zurückgetreten. Rohwedder, damals Verwaltungsratsvorsitzender der Treuhand, übernahm auf Wunsch des Ministerpräsidenten sofort Gohlkes Sessel und forderte auf seiner ersten Pressekonferenz den möglichst schnellen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik. Keine 48 Stunden später, am frühen Morgen des 23. August, beendete die Volkskammer ihr monatelanges Gerangel und beschloß den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik mit Wirkung zum 3. Oktober 1990.

Unter Rohwedders Führung wurde die Privatisierung als oberste Aufgabe der Staats-Holding festgeschrieben, die Sanierung der Betriebe und eine Strukturpolitik für Ostdeutschland diesem Ziel untergeordnet. Bisher mit wenig Erfolg. Dem „Tornado der Kritik“ von Gewerkschaften und Arbeitslosen, aber auch von Arbeitnehmern und Politikern stehe die Anstalt hilflos gegenüber, bekannte Rohwedder vor wenigen Wochen. „Wir brauchten unendlich viel Geld, wenn wir diesen berechtigten Wünschen Rechnung tragen wollten.“ Eingenommen hat die Anstalt aus dem Verkauf von Betrieben bisher nur vier Milliarden Mark. Dem steht der Zusammenbruch der ostdeutschen Wirtschaftsstrukturen gegenüber.

Größerer Spielraum für Sanierungen

Am Mittwoch vergangener Woche trat die Treuhand die Flucht nach vorn an, gab neue Kredite frei und verlängerte die alten. Gleichzeitig kündigte Rohwedder auf einer Pressekonferenz an, daß Kommunen und Gemeinden in den fünf neuen Ländern Grund und Boden erhalten. Komplizierte Regelungen im Einigungsvertrag hatten vor der Änderung der Eigentumsgesetze die rasche Übergabe von Gewerbe- und Wohngrundstücken oder ehemaliger Stasi-Objekte an die Gemeinden verhindert. Der Auftrag der Privatisierung ist jetzt mit einem größeren Spielraum für Sanierungen versehen. Sollte ein sofortiger Verkauf von Unternehmen nicht möglich sein, kann die Treuhand für tragfähige Sanierungskonzepte Kredite vergeben, Bürgschaften und Altschulden übernehmen.

Mit dem in Bonn beschlossenen 100 Milliarden Mark teuren Gemeinschaftswerk „Aufschwung Ost“ wurde der Weg für das frei, was Rohwedder als „Vorfahrtsregelung“ für Investitionen in den neuen Bundesländern wertete. Rohwedders Stellvertreterin Birgit Breuel kündigte gestern an, daß die Treuhand ihre Arbeitsweise im Sinne Rohwedders fortsetzen werde. Donata Riedel

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