: Gesungenes Medium-betr.: "Sinopolissiomo oder sinopolos?" (Die "Otello"-Premiere in Berlin) von Frieder Reininghaus, taz vom 27.3.91
betr.: „Sinopolissimo oder sinopolos?“ (Die „Otello“-Premiere in Berlin) von Frieder Reininghaus, taz vom 27.3.91
Auch ich finde die Bühnenbilder der neuen „Otello“-Inszenierung an der Deutschen Oper vordergründig-kitschig und das Konzept irgendwo zwischen nicht vorhanden und uninteressant. Mit der billigen Polemik gegen den Dirigenten kann ich mich aber überhaupt nicht anfreunden. Etwas scheint jedenfalls die Sicht des Herrn Reininghaus verstellt zu haben. Denn im Gegensatz zu seiner Behauptung, daß Guiseppe Sinopoli den Sängern „kaum je eines Zeichens“ würdigte, habe ich bei der zweiten Aufführung darauf geachtet und genau das Gegenteil festgestellt. [...]
Überhaupt scheint Frieder Reininghaus in seiner Lust, über den Dirigenten herzuziehen, vergessen zu haben, daß die Oper ein gesungenes Medium ist. Schade vor allem um die hervorragende stimmliche und schauspielerische Leistung der Julia Varady, die offenbar nicht „wie die Maikäfer zählen“ mußte, sondern die Rolle der Desdemona hinreissend verkörpert hat.
Darüber zu berichten hätte vielleicht Anlaß zu einer eigenständig reflektierten Auseinandersetzung mit der Aufführung und dem Stück geben können, von mir aus über die Behandlung von Frauenfiguren in der Oper. Statt dessen wird Generalintendant Götz Friedrich zur künftigen Personalpolitik der Deutschen Oper ausführlich interviewt. Für ein Faltblatt aus der Public-Relations-Abteilung des Hauses sicherlich wunderbar. Lese ich so etwas unter oben genanntem Titel in der taz, frage ich nach der Herstellung einer Redaktionsabteilung Qualitätskontrolle. Prof.Dr.Mitchel G.Ash, (West)Berlin
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