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CDU-Kandidat will die „Kehrtwende“

■ Die Bremer CDU präsentierte ihren Spitzenkandidaten: Ulrich Nölle, Sparkassen-Vorstand

Hoffnungsträger NölleFoto: Sabine Heddinga

Gestern früh konnte die Bremer CDU stolz ihren neuen Spitzenmann präsentieren: Ulrich Nölle nahm in der Reihe neben den bekannten und erfolglosen Gesichtern, Neumann, Metz, Kudella, Platz. Ein „Glück für Bremen“, lobte Neumann die Kandidatur seines „Wunschkandidaten“, der am Mittwoch abend vom CDU- Landesvorstand einstimmig nominiert worden war. Der elegant gekleidete 50jährige Sparkassen- Vorstand präsentierte sich unbescheiden gleich als „Kandidat für das Bürgermeisteramt“.

„Die meiste Frage, die auf mich einstürzt, ist: Warum machen Sie das?“, unternahm der Kandidat seine ersten noch unsicheren Schritte auf dem politischen Parkett. Die Antwort: Bre

men brauche eine Wende, ja, „eine Kehrtwende“. Er persönlich würde sogar finanzielle Einbußen erleiden, wenn er den Posten bei der Sparkasse für den im Rathaus eintauschen würde. An der Weser will er „normale Verhältnisse“ in Wirtschaft, Bildungswesen und im kulturellen Bereich zu schaffen.

Dabei rechnet Nölle auf eine Koalition mit der FDP, obwohl selbst bei der Bundestagswahl im Dezember beide Parteien nicht über 43 Prozent gekommen sind und bisher die SPD-Ergebnisse bei Landtagswahlen immer über den Bundestagsprozenten lagen. Aber auch eine große Koalition ist für Nölle „vorstellbar“, nur: „Welche Funktion ich in einer großen Koalition ausfüllen werde, darüber möchte ich jetzt keine Ausführungen machen.“ Woraufhin der Polit-Profi Neumann sogleich korrigierend betonte, daß es natürlich der CDU darum geht, die SPD auf der Regierung zu verdrängen, dies sei das Ziel. Auch vom Gespräch mit Kanzler Kohl berichtete Nölle sehr sachlich, der habe „angedeutet“, daß es „sehr schwer“ sein werde, mehr finanzielle Unterstützung für Bremen loszueisen. „Ohne konkrete Aussagen“ seien er und Neumann aus Bonn zurückgekehrt. Neumann verschob die Zwischentöne und unterstrich, der Kanzler habe volle Unterstützung für den Bremer Sparkassen-Kandidaten ausgedrückt, und über den Finanzausgleich sei schon deshalb nicht konkret verhandelt worden, weil die Wahl noch nicht gewonnen sei.

Wenn es um die konkrete Politik geht, bleibt Nölle vorerst allgemein. Er wolle eine „wirtschaftsfreundliche Politik“ machen, versicherte er, und ist davon überzeugt, daß es „den Arbeitnehmerns gut geht, wenn es der Wirtschaft gut geht“. Ganz allgemein hält er es mit dem Wirtschaftsliberalismus: „Seit Friedrich dem Großen“ sei richtig, daß sich der Staat „aus der Wirtschaft heraushalten“ und nur „gute Bedingungen“ schaffen solle. Nur sei die Verschuldung Bremens so hoch, „daß wir innerhalb der nächsten zwei Jahre über Investitionen in Bremen überhaupt nicht mehr nachzudenken brauchen“.

Was würde er anders als Wedemeier machen? Der Hemelinger Tunnel hätte gebaut werden sollen, erklärte Nölle, mehr Polizei soll weniger Kriminalität bringen — der Wirtschaftskandidat zog sich gestern noch auf das zurück, was auch flüchtige Zeitungsleser als CDU-Politik kennen. Bremen müsse soziale Leistungen, die über das Maß anderer Länder hinausgehen, zurückfahren, sagte er. Auf Nachfrage meinte er, konkrete Beispiele gebe es in allen Bereichen, ihm fiele aber gerade keines ein. Neumann schob seinem Wunsch-Kandidaten in dieser Lage ein Zettelchen zu und Nölle hatte prompt ein Beispiel: den „Asylantenbereich“, wo es in Bremen Bargeld gibt. „In anderen Ländern gibt es Wertgutscheine, glaube ich,“ meinte Nölle in fragendem Tonfall und mit unsicherem Blick zu Neumann hin. Auf die Frage nach etwaigem eigenem Profil, das er in die Bremer CDU einbringen werde, mußte Nölle passen. Er wolle erst einmal das, was an CDU-Wahlprogramm bisher erarbeitet sei, lesen und da dann „Akzente setzen“.

Zwei Stühle neben Nölle saß mit gequältem Gesicht Peter Kudella, der auf Nachfrage versicherte, er wolle „erstmal Fraktionsvorsitzender bleiben“. Und einen Platz weiter, stumm, Reinhard Metz, der Spitzenkandidat des letzten Anlaufes der CDU vor vier Jahren. K.W.

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