PRESS-SCHLAG: Sowjetunion-Hilfe
■ Handballer Alexander Tutschkin seit Wochen verletzt
Für TuSEM Essen beginnen die Spiele der Entscheidung: Wird es eine Saison mit Glanz und Gloria oder eine mit Schimpf und Schande? Nichts ist entschieden. Die Essener sind vierfach gefordert: Nach Abschluß der Punktspielrunde in der Bundesliga gehen sie als Vierter in die Play-Offs. Im DHB-Pokalfinale (West) bezwangen Fraatz, Hecker und Co den TV Niederwürzbach im Hinspiel mit 21:16. Im Europapokal der Pokalsieger sträubten sie sich lange vor einer Jugoslawien-Fahrt. Als der IHF nicht nachgab, war man aber schleunigst zum Halbfinal-Match in Banja Luka bereit.
Eigentlich sollten diese Wochen zu seinem Triumphzug werden: Alexander Tutschkin. Die Verpflichtung des sowjetischen Fernwurfkanoniers von SKA Minsk zu TuSEM Essen ging als „Transfer des Jahrzehnts“ ins Buch der Handballgeschichte ein. Schon 1987 schrieb das 'Handball World Maganzine‘ ehrfürchtig: „Seine verheerenden Würfe sind eine Plage für die Torhüter.“
Der Olympiasieger, Vize-Weltmeister und Multi-Europacup-Sieger sollte nach Essener Wünschen nun wie eine große Plage über die Bundesliga-Torhüter hereinbrechen. Daraus wurde nichts, Tutschkin wurde zur vierten Belastungsprobe für den Verein. In schlechter körperlicher Verfassung kam der Sportoffizier aus der UdSSR an. Versorgungsprobleme verschonen auch die Leistungssportler nicht. Disziplinprobleme verbannten ihn zeitweise aus der Minsker Trainingshalle. Aber athletische Defizite bereinigte der WM-Torschützenkönig unproblematisch. Schicksalsschläge nicht.
Beim Einzug in die neue Wohnung fiel ein Schrank auf Tutschkins dreijährigen Sohn. Tagelang rangen Ärzte um die Gesundheit des Kindes, bevor sein Überleben gesichert war. Davon seelisch gestärkt stürzte sich Alexander Tutschkin ins Getümmel der Bundesliga — und stürzte. Ein schmerzhafter Bänderriß verbannt ihn wochenlang vom Parkett. Untätig muß Tutschkin zusehen, wie seine Kameraden der dreifachen sportlichen Belastung widerstehen und sich außerdem um die Integration ihres traurigen Handball-Sputniks kümmern werden. bossi
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen