Das „Formular B“ wird abgeschafft

Ende des Schweizer Super-Bankgeheimnisses: Das Führen anonymer Konten wird deutlich erschwert  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Nach 13jähriger Kontroverse und einer Reihe spektakulärer Geldwaschaffären ist es bald so weit: Am Ende dieses Monats soll es das Super- Bankgeheimnis nicht mehr geben, das die Schweizer Geldinstitute bislang für ausländische Steuerflüchtige, Diktatoren, Drogen- und illegale Waffenhändler aus aller Welt so attraktiv gemacht hat. Denn der Dachverband der Schweizer Banken und die Eidgenössische Anwaltsvereinigung haben endgültig ihren Widerstand gegen die Abschaffung des „Formulars B“ aufgegeben. Darauf hatte staatliche Bankenkommission wiederholt gedrungen. Das Formular regelte die Ausnahmemöglichkeiten bei der Identifizierung von Bankkunden: Berufsgeheimnisträger wie Anwälte, Notare und Treuhänder versicherten der Bank damit, die Identität eine Kontoinhabers zu kennen, brauchten ihn aber nicht offenzulegen.

Bereits nach einem Geldwaschskandal im Jahre 1977 hatten die Banken mit den staatlichen Aufsichtsbehörden eine Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht abgeschlossen, der zufolge die einwandfreie Identifizierung von Kunden zur Vorbedingung von Konteneröffnungen und größeren Einzahlungen gemacht wurde. Die mit dem Formular B erlaubten Ausnahmen ermöglichten jedoch in der Praxis ein weitgehendes Unterlaufen der neueingeführten Regelung. Die staatliche Bankenkommission stellte immer wieder fest, daß mit dem Formular Mißbrauch getrieben wurde. Zwar wurden die Möglichkeiten zur Zwischenschaltung von Strohmännern seit 1977 noch zweimal gesetzlich weiter eingeschränkt. Und nach den am 1. August letzten Jahres in Kraft getretene neue Bestimmungen machen sich BankmitarbeiterInnen strafbar, wenn sie Beihilfe zur Geldwäsche leisten. Allerdings bleibt die Abwägung, ob sie im konkreten Verdachtsfall Anzeige erstatten, nach wie vor den einzelnen Beschäftigten überlassen.

Von der Bankenkommission festgestellte Tatsache ist: Die Zahl der anonymisierten Kundenbeziehungen ging längst nicht in dem erwünschten Maße zurück. Eine Untersuchung der „Aktion Finanzplatz Schweiz-Dritte Welt“ kam zu dem Ergebnis, daß die Summe ausländischer Fluchtgelder auf Schweizer Bankkonten in den letzten Jahren stetig weiter anstieg und derzeit bei rund 250 Milliarden Franken, etwa 300 Milliarden DM, liegt. Das sind pro Kopf der eidgenössischen Bevölkerung rund 40.000 Franken und etwa ein Viertel der weltweit auf rund eine Billion Franken geschätzen Fluchtgelder.

Die spektakulären Geldwaschskandale der letzten Jahre, zuletzt die Affären um die auf Schweizer Großbanken versteckten Millionen des philippinischen Ex-Diktators Marcos und jetzt auch des irakischen Tyrannen Saddam Hussein haben nun endgültig für die Abschaffung des Formulars B und damit des Superbankgeheimnisses gesorgt. Für die derzeit bestehende anonymen Konten — nach Angaben der Bankenkommission über 30.000 — gibt es noch eine Frist bis zum September 1992. Bis dahin muß entweder die Identität der Konteninhaber offengelegt oder aber das Konto geräumt werden.

Auch künftig soll es in noch Ausnahmen geben, in denen Anwälte oder Notare für ihre Mandanten auftreten können — so in Erbschaftsfällen, bei Güterteilungen oder Kautionszahlungen. Die Bankenkommission will diese Ausnahmen in einem Katalog, der zur Zeit erarbeitet wird, sehr eng und präzise definieren. Die Banken und die Anwaltsvereinigung hingegen bemühen sich um Formulierungen, die mehr Spielraum erlauben sollen. Eidgenössischen Bankinstituten, die gegen die Neuregelung verstoßen sollten, drohen künftig disziplinarische Maßnahmen der staatlichen Aufsichtsbehörden.