: Große Kurdendemonstration durch Bremen
■ Kurdengruppen und Friedensbeegung riefen, auch hunderte BremerInnen kamen
Knapp 1.000 Bremer DemonstrantInnen protestierten am Samstag gegen den Völkermord in Irakisch-Kurdistan. Zwei Drittel von ihnen waren Deutsche, die, überwiegend ohne Plakate und Sprechchöre, ihre Solidarität zum Ausdruck brachten.
In kleineren Grüppchen wurde während der Demonstration über die Probleme der Kurden und insbesonders die mangelnde Unterstützung im Westen diskutiert. „Vielleicht liegt es daran, daß unsere Probleme zu kompliziert sind“, mutmaßte ein Kurde aus Diyarbakir. „Unser Volk lebt in fünf Staaten und es gibt jede Menge kurdischer Organisationen mit unterschiedlichen Ideologien. Da blicken selbst die Kurden kaum durch.“
Daß sich die Friedensbewegung bisher wenig um das Kurdeproblem gekümmert hat, liegt, so Eko Bingol, an der geringen Betroffenheit der Menschen. „Bei dem Krieg in Kuwait war das anders, da hatten die Leute Angst vor der drohenden Umweltkatastrophe.“
Die Türkin Nuray Inekli hat Spendengeld gesammelt. „Die Menschen haben einfach keine Gefühle mehr“, sagt sie, „es interessiert sie nicht, was in Kurdistan passiert. Oft reagieren die Leute so abweisend.“
Gregorios Panayotidis aus Griechenland hat eine ganz andere Meinung. „Die Kurden in Deutschland haben versagt“, sagt er. „Sie haben es einfach nicht fertig gebracht, eine übergreifende Organisation zu gründen, die die Bevölkerung hier gewinnen könnte.“ Stattdessen habe es nur Querelen gegeben.
Für Güle Iletmis, Vorsitzende des Dachverbandes der Ausländerkulturvereine (DAB) und selbst Kurdin aus der Türkei, dennoch unverständlich. „Ich frage mich: Wo ist eigentlich die Friedensbewegung, die noch zu Beginn des Golfkriegs die Leute mobilisiert hat?“, rief sie nach anderthalb Stunden Demo auf der Kundgebung am Goetheplatz.
Ihre Kritik richtete sich aber vor allem an den Bremer Senat. Die Haltung der Bremer Politiker sei genauso heuchlerisch wie die der USA. „Auch aus Bremen wurde und wird dieser Massenmord durch Waffenexporte unterstützt“, rief Güle Iletmis auch dem anwesenden stellvertretenden SPD-Landesvorsitzenden Horst Isola zu.
Ihre Forderungen an den Bremer Senat: Flüchtlingen muß sofort mit Nahrungsmitteln und Medikamenten geholfen werden, keine Abschiebung von Kurden in der nächsten Zeit, Waffenexporte aus Bremer Häfen müssen unterbunden werden. Horst Isola ging in seiner Kundgebungsrede nur auf eine der Forderungen ein: er versprach, zusammen mit dem SPD-Landesvorstand eine Spendenaktion für Kurdistan zu unterstützen.
Auf Nachfrage der taz zur Abschiebungspraxis versicherte Isola, er werde sich in seiner Partei dafür einsetzen, daß man Kurden im Moment nicht abgeschiebt. „Ich gehe davon aus, daß in dieser schwierigen Situation auch für die türkischen Kurden von Abschiebungen abgesehen wird. Das gilt allerdings nicht für Dealer.“ bz
(s.a. Interview Seite 22)
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