: Zweitligafans sind eben die härtesten
■ Zur allseitigen Überraschung spielte Blau-Weiß gegen Mainz 05 nicht Unentschieden, sondern gewann 2:1
Jahnsportpark. Mit gemischten Gefühlen harrten die Blau-Weiß-Anhänger der Dinge, die da kommen sollten. Hatte ihr Verein doch im Jahnstadion zuletzt dreimal in Folge bloß 1:1 gespielt, der Konkurrent Mainz 05 hingegen dreimal hintereinander gewonnen. Entsprechend abwehrstark präsentierten sich die Gäste, und bis auf eine Riesenchance von Schlumberger, der in der 23. Minute knapp übers Ziel hinausschoß, geschah in der ersten Halbzeit nichts Erwähnenswertes.
Aber die Zuschauer in der 2. Liga sind einiges gewohnt und haben Übung darin, auch merkwürdigen Spielzügen etwas abzugewinnen („Schöner Fehlpaß!“) oder sich mit Unabänderlichem abzufinden: „Natürlich geht der Freistoß daneben. Der geht immer daneben.“ Zweitligafans sind eben die härtesten.
Fast unmittelbar nach dem Seitenwechsel konnten die Berliner unter den 2.010 Zuschauern jedoch aufatmen: nach einer Ecke von links erzielte Thomas Adler per Kopf das 1:0. Sein 16. Saisontreffer ließ allerdings nur ausgeprägte Optimisten hoffen. „Das endet 1:1, ich sag's dir“, war der allgemeine Tenor.
Als logische Konsequenz daraus ließen die Blau-Weißen so nach, daß die Fans sich teilweise auf dem falschen Platz wähnten — „Ey, wir sind hier nicht bei Hertha“ — oder an einen schlechten Scherz glaubten: „Hier steht doch irgendwo die versteckte Kamera!“ Und es kam, wie es kommen mußte: in der 65. Minute glich Gernot Ruof aus.
Für einige Grund genug zum abwandern. „Wenigstens war es das schönste Unentschieden von allen“ trösteten sie sich, gingen aber entschieden zu früh. Sie verpaßten nicht nur den Feldverweis des Mainzer Spielers Michael Müller wegen wiederholten Foulspiels, sondern auch den unverhofften Siegtreffer von Blau-Weiß, den der eingewechselte René Deffke nach Ablauf der regulären Spielzeit mit einem Fast-Fallrückzieher (ganzer Rückzieher, halber Fall) erzielte. Blau-Weiß wahrte so seine Minimalchance auf den dritten Platz.
Nach dem Spiel offenbarten beide Trainer recht unterschiedliche Eindrücke. Der Mainzer Coach Robert Jung grummelte, daß ohne Schiedsrichter Tritschler alles ganz anders gelaufen wäre: „Erst zeigt er an: eine Minute Nachspielzeit, dann werden es drei, und da fällt auch noch das Gegentor.“ Sein Berliner Pendant Horst Ehrmanntraut befand hingegen: „Der Sieg war glücklich, aber ging in Ordnung!“
Jedenfalls ein bißchen. Elke Wittich
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