: Kein guter Stern darüber
■ “Arsen und Spitzenhäubchen“ auf Hochdeutsch im Ernst-Waldau-Theater
Trotz einiger Schwächen sehenswert, diese Inszenierung der bekannten Kriminalkomödie von Joseph Kesselring. Es stand wohl kein guter Stern darüber. Widrigkeiten von Anfang an. Man wollte eigentlich keine Konkurrenz zu Ohnsorgs, das hat der Verlag verpatzt, daß zwei große Bühnen in einer Saison in dieser Stadt das selbe Stück herausbringen. Deshalb also hier auf Hochdeutsch. Und dann wird auch noch Inszenator Rolf B. Wessels kurz vor der Premiere ernsthaft krank(enhausreif).
Sieghold Schröder sprang dankenswerterweise ein, aber einen letzten Schliff kann man so kurzfristig natürlich nicht aus dem Ärmel schütteln. So läßt die Handlung mitunter — was in diesem Genre gefährlich ist — etwas die Führung vermissen.
Aber die recht aufwendige Besetzung macht manches wett: Das Arsen verteilen und die Spitzenhäubchen tragen mit anmutig gespielter Naivität als Schwestern Brewster Ingrid Andersen herself und Elfie Schrodt. Der irre Bösewicht Jonathan (Jens Ehlers) ist köstlich, und Maskenbildnerin Anja Gießmann verdient ein Extra-Lob dafür, wie sie ihn frankensteinmäßig hin-und hergerichtet hat. Angeblich war es Dr. Einstein (Wiegand Haar), aber wir Zuschauer wissen ja immer alles besser.
Bernd Poppe als Mortimer überzeichnet manchmal ein bißchen, so daß ihm die Rolle als Einziger, der nicht erblich verrückt ist, nicht ganz gelingt. Heidi Jürgens spielt die Pfarrerstochter Ellen mit gewohnter Grazie, aber: muß sie wirklich zu den unterschiedlichsten Tageszeiten das selbe kleidsame Kleid tragen? Ist ihr Vater — von Wolfgang Klemet gespielt — so arm, oder das Theater?
Uwe Pekau als Polizeileutnant besticht wie immer durch seine präzise unterkühlte Mimik. In weiteren Rollen erleben wir Bernhard A. Wessels als Polizisten, Horst Arenthold als Mr. Gibbs, Gaststar Wolfgang Feustel, der noch etwas Trompete üben muß, Kurt Erfurt und schließlich Rolf Stueven als Mr. Witherspoon.
Waldaus vorletzte Inszenierung dieser Saison und — wie gesagt - trotz der angedeuteten Schwächen durchaus sehenswert.
Berni Kelb
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