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Überseemuseum Deliusweg

■ Unser Dorf soll schöner werden! / taz-Reihe zur Architektur / Dritte Lieferung: Der Deliusweg / Das permanente Ferienglück

Zwischen Golfplatz und Rhododendron-Park an der Marcusallee in bester Lage. Zwar nicht „vorne die Ostsee und hinten der Kurfürstendamm“, wie es sich Erich Kästner wünschte, aber mehr als das kleine Glück der Eigenheimparzelle im Grünen.

Die Stadtflüchtlinge, die in den 80er Jahren am Deliusweg ihre „Villen“ bauten, waren und sind die Bessergestellten. Mit individuellen Wünschen vom eigenen Haus mußten sie sich nicht beschränken, nicht sich mit Baugesellschaften und Spekulanten herumschlagen, die an den Stadträndern ihre Einheitsarchitektur hochziehen. Hier ist man unter sich, hier kann man den Nachbarn (und den Sonntagsflaneuren) einmal so richtig zeigen, daß man selbst doch „mehr Kultur“ hat.

In der Summe der hier gebauten Häuser ist der Deliusweg eine permanente Bauausstellung über eine Gesellschaft, die ihre verbindlichen gesellschaftlichen und ästhetischen Leitbilder verloren hat. Der Königsweg der architektonischen Selbstvergewisserung der Macht, er besteht nicht mehr. In der Geschichte der „Villa“ ging es immer darum, sich mit antikisierenden Säulen, Portici, Architraven, etc, an eine Ahnenkette des naturverbundenen Lebens bis zurück ins Elysium anzukoppeln und damit Macht und Reichtum als Bildung verkleidet darzustellen.

Hier und heute dagegen regiert der Fake. Der Baumarkt liefert demokratisch für jedermann: urige Wagenräder, antike Messingknäufe, verwitterte Wetterfahnen: künstlerisches Dekor für

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Vorsicht

Architektur

jede Lebenslage, alles von der Stange. Die Architekten bedienen sich dankbar. Aus Versatzstücken komponiert, wird der Deliusweg zu einer Imitation, zu einem bremischen Las Vegas, ohne jeden Bezug zum geographischen Ort, zur Landschaft, zum Klima und zur Gesellschaft.

Wenn man an einem der nächsten Wochenenden zum Rhododendron-Park rausfährt, um sich an der Blütenpracht der vielen Sorten und Arten zu erfreuen, lohnt ein Abstecher zu den Blüten des Deliusweges. Die taz-Redaktion lockt mit einem ein Preisrätsel. urbi / orbi

P.S. Unser Dorf kann schöner werden!

In unserer Dokumentation des Wanderführers für den Deliusweg haben wir alle Hausnummern getilgt. Finden Sie zu jedem Haus die passende Nummer heraus, addieren sie die Nummern, und Sie erhalten die gesuchte Lösungszahl. Tragen Sie diese auf eine Karte, die Sie an die taz-Bremen, Am Dobben 123, 2800 Bremen addressieren. Unter den richtigen Einsenderinnen verlosen wir das Buch: Bremen kaputt.

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