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Hassemer gibt bei Fluglärm auf

■ Senator kündigt neue Lärmschutzmaßnahmen für Tegel an/ Doch für Koalitionsaussage, Flüge aus Lärmgründen gleichmäßig mit Schönefeld aufzuteilen, fühlt sich Hassemer nicht zuständig

Tegel. In der Umgebung des Tegeler Flughafens wird es noch lauter. Volker Hassemer, Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz, ging gestern davon aus, daß auf den innerstädtischen Rollbahnen mehr Donnervögel landen und starten werden als bisher. Er kündigte gestern sechs Maßnahmen an, mit denen die Anwohner wenigstens ein bißchen vor dem täglichen Höllenlärm geschützt werden sollen. In dem Katalog des CDU-Senators fehlt allerdings der wesentlichste Punkt: SPD und CDU einigten sich in ihrer Koalitionsvereinbarung Ende Januar dieses Jahres darauf, daß eine ausgewogene Lastverteilung zwischen Tegel und Schönefeld angestrebt wird, bis der geplante Großflughafen südlich von Berlin etwa im Jahr 2000 fertiggebaut ist.

Obwohl entgegen dieser Absicht die Starts und Landungen in Tegel auf täglich 310 angewachsen sind, gleichzeitig die Flugbewegungen in Schönefeld auf 43 fielen — und mit der Abwicklung der Interflug Ende April vermutlich auf 28 weiter fallen werden —, erklärte Hassemer gestern, Berlin dürfe sich in Schönefeld nicht mehr Umweltbelastungen leisten als in Tegel. Weiter sagte er: Fluggesellschaften zum Umzug aus der Innenstadt an den Stadtrand zu bewegen, »fällt nicht in meine Kompetenz.« Im Wahlkampf hatte der Politiker den Anwohnern in Tegel das Gegenteil versprochen: »Der Lärm muß 'raus aus der Stadt.«

Jetzt behauptet der Senator, daß der Himmel über Berlin ruhiger geworden sei, obwohl die Zahl der Starts und Landungen in Tegel seit 1984 von 54.500 auf 96.400 (um 80 Prozent) zugenommen hat. Der Lärm habe abgenommen, weil mehr als die Hälfte der eingesetzten Flugzeuge lärmreduziert seien. Dennoch sei er nicht zufrieden, weil durch den anwachsenden Luftverkehr für die Anwohner die Ruhepausen zwischen den einzelnen Überflügen kürzer geworden sind. Mit überwiegend »marktwirtschaftlichen« Maßnahmen will Hassemer den Lärm reduzieren.

Die Fluggesellschaften, die größere Flugzeugen einsetzen und deshalb seltener landen und starten müssen, sollen in den Genuß ermäßigter Landegebühren kommen. Für laute Maschinen (Kapitel II) sollen die Gebühren verdoppelt werden (bis zu 1.300 Mark mehr). Kapitel-II-Maschinen sollen darüber hinaus nur noch zwischen 8 Uhr und 18 Uhr starten oder landen dürfen. Wenn die sowjetischen Streitkräfte die Beschränkungen im Luftraum aufgeben, sollen die An- und Abflugrouten nicht mehr über dicht besiedelte Flächen geführt werden. In Schönefeld sollen mit den per saldo erhöhten Landegebühren Lärmschutzfenster in Bohnsdorf finanziert werden, und die Abstellplätze auf den Flughäfen sollen mit Strom versorgt werden, so daß Flugzeuge ihre Hilfsturbinen vor allem in der Nacht nicht laufen lassen müssen. Dirk Wildt

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