: Ausländer kaum an Investitionen in Ostdeutschland interessiert
Berlin (dpa) — Das Interesse ausländischer Investoren an Grundstücken, Immobilien und Unternehmen in der ehemaligen DDR ist enttäuschend. Das ist das Fazit, das der Berliner Treuhandsprecher Ulrich Schulte- Döninghaus zieht. Nur fünf bis acht Prozent der bislang etwa 1.000 von der Treuhand privatisierten Unternehmen seien an Investoren aus dem Ausland verkauft worden. „Die ausländische Wirtschaft kann mit der Ex-DDR kaum etwas anfangen“, sagt der Treuhand-Sprecher. Oft fehlten Kenntnisse über die fünf neuen Länder.
So bezeichnet der französische Unternehmerverband CNPF die „sehr langsam arbeitende Verwaltung“ als „erhebliches Investitionshemmnis“. Die Überlebensfähigkeit eines Ost-Betriebes könne von französischen Interessenten nur schwer eingeschätzt werden. Daher habe beispielsweise der Haushaltsgeräte- Hersteller Moulinex — seit langem auf der Suche nach einem Produktionsstandort in Deutschland — lieber Krups als den ostdeutschen Hersteller AKA übernommen.
Dennoch sind die Franzosen die Nummer eins unter den ausländischen Investoren. So bildete der französische Marktführer für Bodenbeläge, Gerland, mit den ostdeutschen Linoleum-Werken Kohlmühle eine Gemeinschaftsfirma. Die Air Liquide — Weltmarktführer für Industriegase — übernahm ein Drittel des Ex-Kombinats Technische Gase. Nach den Franzosen stehen die Briten an zweiter Stelle. Jedoch nur fünf bis sechs britische Großfirmen haben sich nach Angaben der deutschen Handelskammer in London bislang in der Ex-DDR angesiedelt, darunter der Baustoffhersteller Ready-Mix, der die Rüdersdorfer Zementfabrik erwarb.
Als „ersten Erfolg“ bezeichnet die Berliner Treuhand auch den Verkauf des Ostberliner Industriebetriebes Bergmann-Borsig an die Schweizer Asea Brown Boveri GmbH (ABB). 50 bis 70 Schweizer Firmen arbeiten nach Angaben der Vereinigung Schweizerischer Unternehmen in Deutschland bereits in der Ex- DDR, darunter der Nahrungsmittelkonzern Nestlé und der Aufzughersteller Schindler. Die Investitionspläne beliefen sich derzeit auf mehrere hundert Millionen Mark. Das Verfahren zum Erwerb eines Unternehmens in Ostdeutschland „wird von Schweizer Investoren jedoch oft als kompliziert und langwierig empfunden“, sagt Rudolf Kögler, Vorstandsmitglied der Vereinigung. Es sei immer noch ein Problem, an „vernünftige Daten“ über die Wirtschaftsentwicklung in den neuen Ländern heranzukommen.
Lediglich „eine Handvoll“ amerikanischer Investoren gibt es nach Angaben des Repräsentanten für die Deutsche Industrie und den Handel in Washington, Lothar Griesbach. Die Amerikaner verhielten sich abwartend. Auch die großen japanischen Industrieunternehmen, auf deren Engagement in den neuen Ländern gehofft wird, halten sich deutlich zurück.
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