Studienplatz im Westen

■ Ost- und Weststudenten pendeln nicht sehr eifrig an den Universitäten hin und her/ Wesentlich mehr Ostler verspüren Neugierde auf die West-Uni

Berlin. Der west-östliche Durchmischungsprozeß an den Berliner Universitäten beginnt nur langsam fortzuschreiten. Allerdings ein bißchen einseitig. Es zieht noch wesentlich mehr StudentInnen in den Westen als in den Osten.

An der Freien Universität wird der Anteil der Studierenden aus der ehemaligen DDR von insgesamt über 4.000 Immatrikulierten auf deutlich über 20 Prozent geschätzt. Vollständige Zahlen liegen noch nicht vor, da bis morgen an allen Universitäten noch die Möglichkeit besteht, sich einzuschreiben. Wenn auch mäßig, gestiegen ist das Interesse doch. Im Wintersemester 90/91 waren es nur 13 Prozent. Zuvor, im Sommer 90 hatten schon einmal 18 Prozent Ostler Lust auf einen Studienplatz an der FU. Besonders stark ist das Interesse in solchen Fächern wie Rechtswissenschaft, Erziehungswissenschaft und Volkswirtschaftslehre. Bei den Juristen gab es beispielsweise auf 273 Studienplätze 554 Bewerbungen. Darunter waren etwa 45 Prozent aus den neuen Bundesländern und Ost-Berlin. Die FU entschloß sich zur gerechten Quotierung, denn entsprechend dem Bewerberanteil werden auch Zulassungen ausgesprochen. Das gestiegene Interesse erklärt sich Werner Väth, amtierender Präsident der FU, mit den Defiziten im Lehr- und Studienangebot der Hochschulen Ost.

An der Technischen Universität sind bisher weniger als 10 Prozent der Neuimmatrikulierten aus dem Osten. Besonderes Interesse zeigten sie hier unter anderem für Bauingenieurwesen und Betriebswirtschaftslehre sowie für Verkehrswesen.

Wie viele westdeutsche Studenten es an die Humboldt-Universität zog, läßt sich nicht sagen. Peter Müller, Direktor für Studienangelegenheiten, hielt eine ähnliche Frage des Senates sogar für einen Versprecher. Man möchte hier nicht mehr nach Ost- und Westherkunft differenzieren. Da sich ungefähr nur 200 StudentInnen bisher eingeschrieben haben, gibt es in nahezu allen Studiengängen, noch freie Plätze. Es sei für viele noch ungewohnt, sich zum Sommersemester, das es viele Jahre nicht gegeben hat, immatrikulieren zu lassen, erklärt sich Müller die Situation. Außerdem würden die Abiturienten erst im Sommer ihr Schuljahr beenden und dreistellige Zahlen pro Studiengang hätte es auch in früheren Zeiten kaum gegeben. Müller schätzt jedoch, daß man in einzelnen Fächern wie Theaterwissenschaft und Sozialwissenschaft, die in West- Berlin zulassungsbeschränkt sind, unter den Neuimmatrikulierten überwiegend Westler findet. anbau