: Ungekrönter Journalist beißt Schäfer!
■ Ulrich Reineking-Drügemöllers Text as Text can
Eigentlich sollte an dieser Stelle hier und heute ein Jubel-Beitrag über das Bremer Gastspiel von Rondo Veneziano stehen. Organisiert hatte den Stadthallenauftritt der Barock-Popper mit den tausend Soundmaschinen einmal mehr Onkel Schulenberg und sponsern wollte das „einmalige Spektakel“ jenseits aller Geschmacksgrenzen der Signore Mastro Lorenzo von der Kaffeerösterei Jacobs, Wohnsitz Bremen. Damit dieser PR-Deal nicht nur von den Jubelpersern des Weser-Reports gewürdigt würde, versprachen zwei Öffentlichkeitsarbeiterinnen allen JournalistInnen für freundliche Belegexemplare ein „Überraschungspaket“ aus dem Hause Jacobs-Suchard. In Erwartung diverser Krönungen nebst Lila Kuh-Dessert wurde nunmehr eine entsprechende Eloge gestrickt — und nun sagt KPS den Auftritt „aus organisatorischen Gründen“ ab. Wer entschädigt nun die Weltpresse für die entgangenen Überraschungspakete?
Reserve hat Ruh'... dennoch treffen sich trinkfeste Landsknechte auch nach ihrer aktiven Zeit, um der schönen Jahre gemeinsam ertragener Uffze, Stuffze und Schweißsocken zu gedenken. Die Kreisgruppe Bremen des Reservistenverbands kommt zum Beispiel morgen zusammen: Oberst Jens Möschel fach- simpelt über ethische, religiöse und historische Hintergründe der Situation am Golf und der Kamerad Karl Wilhelm Lott von der Deutschen Shell AG referiert über „Mineralölversorgung vor dem Hintergrund der Golfkrise“ — für Unter-und Überbau ist somit gleichermaßen gesorgt. Um hergelaufenen Krawallierern die Teilnahme an der Expertenrunde nicht so ohne weiteres zugänglich zu machen, pressemitteilt Kamerad Willnow von der Scharnhorst-Kaserne weder Ort noch exakten Zeitpunkt, doch sind interessierte Hobbystrategen aufgefordert, Einzelheiten unter Tel. 83 24 16 zu erfragen. Parole vermutlich „Bier oder Blut“.
Nachdem Amateurstripper Thomas Gottschalk in seiner Haribo-Werbung den Genuß von Gummibärchen in Beziehung zur Geschmacklosigkeit von Schäferhunden setzte, mußte er sich in BILD herbe Schlagzeilen gefallen lassen: „Gottschalk beleidigt Deutschen Schäferhund“. Diverse Spitzenverbände der Halter und Züchter gaben dann noch ihren Unflat dazu, doch die eigentliche Revanche für die gedemütigte Kreatur leistete dieser Tage unweit des Diakonissenkrankenhauses der 8-jährige Hasso von der Marterburg: Das 76-jährige Herrchen ließ dem Vierbeiner gegen Mitternacht freien Lauf, und bei dieser Gelegenheit verbiss er sich heftig in eine Krankenschwester. Auch ein herbeieilender Anwohner wurde nicht nur an der Hose zerfetzt. Daß Hasso dann aber auch noch Herrchen biß, nachdem er soviel Spaß gehabt hatte, läßt einen nun doch an der Reinrassigkeit dieses Deutschen Schäfers zweifeln... vermutlich hat da noch ein kurdischer Hirtenhund oder irischer Setter mitgemischt.
Daß Bürgermeister Wedemeier am Mittwoch den Staatsakt für Detlev- Carsten Rohwedder besuchte, gehört zu den Obliegenheiten eines Politikers ebenso wie der heute stattfindende Auftritt von Senator Uwe Beckmeyer in der neuen Bratküche des Fisch-Marketings in Bremerhaven oder die Anwesenheit von Umweltsenatorin Evi Lemke-Schulte beim Geburtstagskaffee für Daimler Benz-Direktor Schreck —immerhin muß ihre Behörde den bösen Onkels vom anderen Stern noch so manches Stück Umwelt für dem Niefer sein klein' Häuschen schenken. Warum aber der Herr Bürgermeister am kommenden Sonntag die Ausstellung „Zeichnungen — neue Arbeiten“ von Thomas Munzlinger in der Galerie Veltzke eröffnet, das gehört zu den kleinen Wundern und Beispielen rührender Menschlichkeit, die der Graue Dienst der Senatspressestelle manchmal zu melden hat.
Wichtiges in Kürze! Daß auch ehemals ostzonale Firmen eine Überlebenschance haben, belegt die Präsentation der Gartenzwerg-Fabrik Hertwig aus Thüringen auf der Fachausstellung „Garten 91“ in Hamburg: Erstmals wurde die ausserirdische Lebensform ALF als Gartenkeramik gestaltet und demnächst soll es auch noch die maskulinen Mitglieder des gesamtdeutschen Kabinetts als Männeken Piß für den Springbrunnen geben.
Es gibt ja kaum Absurderes als der Anblick der zumeist kurzbehosten Freizeitkapitäne, die am Wochenende mit Freibeuterblick und Protz Heinrich- Mütze im Motorboot über Wümme, Torfkanal und Kuhgraben jagen. Die Existenz dieser Witzfiguren ist nunmehr bedroht durch umweltschützerische Absichten, ein Fahrverbot für die Armada zu erreichen. Sportskamerad Günter Spanjer vom Segelclub Blockland e.V. kündigte jetzt an, man wolle die berechtigten Vereinsinteressen nunmehr unter Mithilfe des Landessportbundes, des Fachverbandes Segeln und des Kanuverbandes gegen das drohende Fahrverbot wirksam vertreten. Was schert uns Frosch, was Schilf und Rohr — das Glück, es steckt im Auspuffrohr.
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