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Alpine Abwicklung

■ Ski-Industrie stellt den Veranstaltern des Alpinen Ski-Weltcups ein Ultimatum/ Ohne Reform kein Geld

München (dpa) — Der alpine Skirennsport steht vor dem Olympischen Winter vor einer umwälzenden Zerreißprobe: Die im Internationalen Racing Team (IRT) zusammengeschlossene Skisportindustrie, die jährlich mit einem Aufwand von 45 bis 50 Millionen Dollar (rund 75 Millionen D-Mark) den „weißen Zirkus“ am Leben erhält, hat dem Internationalen Skiverband (FIS) bis zum 22. April ein Ultimatum für eine Reform des Weltcup-Modus gestellt. Sollte bis zu diesem Datum „keine zufriedenstellende Antwort erfolgen, werden sämtliche Aktivitäten mit den Nationalen Skiverbänden bis auf weiteres eingestellt“.

Die von den Ski-, Skibindungs- und Skischuhherstellern auf einer Sitzung in Zürich beschlossene „härtere Gangart“ droht folgende Konsequenzen an: Die Serviceleistungen für die Rennläufer der Nationalmannschaften und sonstigen Kader werden eingestellt. Die Firmen stellen kein Material mehr kostenlos bereit. Die Rennsportabteilungen stellen ihre Materialtests ein. Die Finanzierung der Saison 1991/92 wird gestoppt. Alle Verhandlungen mit den nationalen Skipools werden eingestellt. Der Grund des Ultimatums: Das IRT hat bis jetzt von der FIS keine Antwort auf ein Memorandum mit Verbesserungsvorschlägen vom 1. Februar 1991 erhalten.

Gerhardt Oberlechner, der Vorsitzende des IRT, erklärte: „Wir wollen keine Konfrontation. Wir wollen den Weltcup verbessern und wieder werbewirksamer für die Medien und für die Industrie gestalten.“ Die Industrie sei sich darüber im klaren, daß Skirennsport kein Hallensport sei und deshalb immer mit Witterungsproblemen zu kämpfen habe, aber die Fülle von Weltcuprennen in Wintern mit Weltmeisterschaften oder Olympischen Winterspielen seien „ein Unding, weil nach WM und Olympiade kein Interesse der Öffentlichkeit und der Medien mehr besteht“.

Das IRT fordere einen allverantwortlichen Weltcup-Direktor, Abteilungen für Marketing, Technik und Öffentlichkeitsarbeit und einen Weltcup-Board mit Mitgliedern aus Presse/Fernsehen, Rennläufern, Trainern, Organisatoren und der Skiindustrie. Im Hintergrund drohen die Amerikaner, die ihre alpinen Weltcuprennen im Dezember zurückgegeben haben, mit einer Parallelrennserie zum FIS- Weltcup in Nordamerika, Japan und Europa mit Preisgeldern bis zu einer Million Dollar für die Sieger. In Schladming wird in diesem Winter ein Profi-Rennen mit 200.000 Dollar Preisgeld stattfinden. Schon vor vier Jahren war eine Grand- Prix-Serie für die einzelnen Skiländer ähnlich dem Autorennsport vorgeschlagen worden, so daß beispielsweise Garmisch-Partenkirchen den „Ski Grand Prix von Deutschland“ austragen könnte.

„Wir sind für alle konstruktiven Ideen offen“, sagt FIS-Generalsekretär Gianfranco Kasper, „aber wer soll das alles bezahlen. Die FIS soll die Preisgelder einbringen, aber alle Einnahmen, auch vom Fernsehen und vom Weltcup-Generalsponsor, sollen an die Organisatoren gehen.“ Am 19. April werde in Zürich die Arbeitsgruppe Weltcup-Reorganisation der FIS tagen und sich mit allen Vorschlägen auseinandersetzen. Kasper, der glaubt, daß „auch die Amerikaner wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren“, ist der Meinung, daß „wieder mal viel Wind gemacht wird“. Ohne Einschluß der nationalen Skiverbände werde eine Skirennsportserie von anderen Veranstaltern nicht möglich sein, glaubt Kasper.

„Wir lassen uns nicht erpressen“, ist die eindeutige Haltung von Poolchef Heinz Krecek vom Deutschen Skiverband (DSV). „Jede Panikstimmung ist hier verfrüht.“ Notfalls müßte die Ausrüstung für die Nationalmannschaft gekauft werden. Der DSV sei allerdings derzeit allein von allen Pools in der unangenehmen Situation, daß die Ausrüstungsverträge der Firmen mit den Rennläufern mit diesem Saisonende ausgelaufen sind und Neuverhandlungen mit dem Skipool und den Athleten anstehen. Der Wert der Ausrüstung der deutschen Nationalkader, der Serviceleistungen und Testaufwendungen beläuft sich auf Millionen von Mark, die über andere Einnahmen oder über das Bundesinnenministerium gedeckt werden müßten. Herbert Bögel

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