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„-frau“ und „-Innen“

Frauen aller Fraktionen im Landtag von Sachsen-Anhalt wollen weibliche Sprachregelung in Texten/ Wo ist die Form, die Frau und Mann beinhaltet?  ■ Von Cathleen Teller

Magdeburg. 106 Abgeordnete hat der Landtag Sachsen-Anhalts. Nur 17 Frauen sind darunter. Inmitten dieser männlichen Vorherrschaft haben sich Frauen aller Fraktionen starkgemacht und einen Antrag zur weiblichen Sprachregelung in öffentlichen Texten eingebracht. Dieser wurde genehmigt. Nun hat sich die Gleichstellungsbeauftragte und Staatssekretärin der Staatskanzlei, Carmen Stange (CDU), mit diesem Problem zu befassen. Eigentlich sollte das eine Aufgabe des Ältestenrates werden, doch man sah ein, daß sie das Zeitmaß jener Leute zu sehr beanspruchen würde. So muß also die CDU-Politikerin demnächst ihre Vorschläge auf den Tisch packen. Doktor Rosemarie Hein (PDS), eine der AntragsstellerInnen (oder besser —innen?), erläuterte das Anliegen. Man wolle nicht einfach feste Regelungen der deutschen Sprache über den Haufen werden. Doch die Dominanz des männlichen im täglichen Sprachgebrauch spiegele genau die heutigen gesellschaftlichen Probleme wieder — Patriarchat. Dem wolle man entgegenwirken. Es müsse eine Form gefunden werden, die sowohl Frauen als auch Männer berücksichtigt, so die Abgeordnete. Ihr persönlich gefalle das großgeschriebene, beide Geschlechter zusammenfassende „-Innen“ nicht. Lieber sollte man ein Wort mehr in den Mund nehmen.

Die Sprachwissenschaftler [wo bleibt das Innen? die K.in] betrachten den Streit um mehr Weiblichkeit in der deutschen Sprache mit gemischten Gefühlen. Cornelia Poenicke, seit fünf Jahren in Forschung und Lehre am Germanistikinstitut der Pädagogischen Hochschule Magdeburg, erklärt, daß von der Geschichte her das männliche Substantiv eine Gattung und kein Geschlecht bezeichnet. Aus dieser Sicht sei die Diskussion um das Suffix „-in“ eigentlich unbegründet. Doch sie verstehe das Problem der Frauen, und dort, wo Regelungen möglich sind, sollte man sie auch einführen. Gleichzeitig verweist sie aber auf eine Reihe von Entgleisungsmöglichkeiten — eine „männin“ kann es nunmal nicht geben. Da muß dann die „frau“ herhalten. Kauffrau also, anstatt Kaufmännin. Spinne man die bis hierhin noch vertretbaren Möglichkeiten weiter aus, müsse die sächliche Personenbezeichnung völlig eliminiert werden. Also sagt man künftig nicht mehr das Kind, sondern die Kindin oder der Kind.

Bei solchen Versuchen hört der Spaß für die Sprachwissenschaftler[-Innen! die k.in] aber auf. Ebenso halte sie die Großschreibung mitten im Wort für einen Verstoß gegen orthographische Regeln. Auch das in einigen Zeitungen gebräuchliche Wort „mensch“ anstelle von „man“ sei aus der Sicht der Sprachwissenschaftler [ich geb's auf.] eine Entgleisung. Die Forderung nach einer weiblichen Sprachregelung kam in der BRD Mitte der siebziger Jahre mit der feministischen Bewegung auf. Ihr Einfluß in der Öffentlichkeit wird jetzt bestimmen, inwieweit das Weibliche in der deutschen Sprache berücksichtigt wird, meint die Wissenschaftlerin. Über derartige „Streitpunkte“ in anderen Sprachen sei ihr aber nichts bekannt. adn

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