: Auseinandersetzung fehlt-betr.: "Nach dem Rohwedder-Mord" von Gerd Rosenkranz, taz vom 10.4.91, "Der Terror der Wohlmeinenden von Walter Jakobs, taz vom 11.4.91
betr.: „Nach dem Rohwedder- Mord“ von Gerd Rosenkranz, taz vom 10.4.91, „Der Terror der Wohlmeinenden“ von Walter Jacobs, taz vom 11.4.91
[...] Die RAF-Täter werden flugs zu Verwirrten, Verrückten (in Volksgemeinschaften hat man politisch Andersdenkende schon immer in die Klapse gesteckt) oder sonstwie Verirrten gemacht und die Herren von Kohl bis zum netten Stolpe sind fein raus. Raus aus der Verpflichtung des Verantwortlichen für die Verbrechen des Kapitalismus, dem sie nun mal fröhnen, im Namen einer abstrakten Völkergemeinschaft. Raus aus der Verpflichtung sich mit den Anschuldigungen ihrer politischen Gegner (die, wie sich zeigt, wenn es für sie nicht mehr anders geht, die Politik notfalls mit militärischen Mitteln fortsetzen) tatsächlich und öffentlich auseinanderzusetzen. Ich denke sie tun's nicht, weil sie intellektuell und moralisch unterlegen wären.
Es ist einfach albern oder demagogisch, die Thesen und Analysen der RAF für verrückt zu erklären. Man/ frau kann eine andere Interpretation der Wirklichkeit haben, doch die der RAF ist alles andere als verrückt, sie ist anders als die der großen Mehrheit.
Das was überall auf der Welt, vom Irak über Deutschland bis nach Amerika, passiert, ist doch Machtpolitik. Und Macht hat, wer über Geld verfügt, und damit kann man sich jede Schweinerei erkaufen. Diese simple Tatsache wird von der großen Mehrheit gewußt, sie läßt sich vom Geld korrumpieren und stützt somit diejenigen, die auch morgen wieder Hunderttausende ermorden. Beim Zusehen murmeln sie wieder von Betroffenheit und fordern schärfere Gesetze für die Leute, die Waffenhandel betreiben mit solchen, die die Waffen nicht haben dürfen. [...]
Und weil das alles so ist, wird es eben die politische Auseinandersetzung mit der RAF und ihren Sympathiasanten gar nicht erst geben, sie gibt es ja nicht mal mit Gruppen und Strömungen, die heute noch unverblümt Sozialismus sagen und wollen (nicht den zentralistischen) und die den sogenannten demokratischen (Synonym für kapitalistischen) Weg gehen. Und weil das so ist, wird es auch in Zukunft immer wieder Attentate geben, auch zu meinem Leidwesen. [...]
Und es gibt wohl auch deshalb keine politische Auseinandersetzung mit der RAF, weil es so Schreiber wie Jacobs gibt, die wohl ihren Vorgarten in der Kleinstadt für die Weltkugel halten und messerscharfe Schlüsse über die Vorzüge der ach, so menschlichen politischen Verhältnisse hier im Westen ziehen, ohne die Wechselbeziehungen zu nennen (vielleicht auch zu kennen), die genau diesen Westen beteiligen an dem Elend der „Dritten Welt“ oder dem Morden an Irakern, Kurden, Palästinensern etc. pp. Es geht wohl deshalb nicht!? Gerhard Kern, Morbach
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen