Standbild: Rückzug ins private Glück

■ "Ehe auf Zeit", ZDF, Montag, 19.30 Uhr

Sie sind irgendwie doch netter, die Leute, die „drüben“ großgeworden und rührend bescheiden geblieben sind. So wird es uns jedenfalls neuerdings im West-Fernsehspiel — das endlich ein neues Thema hat — erzählt. Das neue Thema: Ost prallt auf West, Gefühl prallt auf Konsum, die ehrliche Haut reibt sich an der Maske des kapitalistischen Charakters auf. Der Westmensch kommt schlecht weg, der Ostmensch gut: Das Fernsehspiel leistet Überzeugungsarbeit am Gemüt, während in Wirklichkeit die Übertölpelungsarbeit an einem bankrotten Staat geleistet wird. Auch Wolfgang Mühlbauer (Buch) und Eberhard Itzenplitz (Regie) tragen ihr Scherflein dazu bei, das schlechte West-Gewissen zu beruhigen und mit der Komödie eine ganz grundsympathische Viererbande zu präsentieren, die „drüben“ wurde, was sie ist.

Die Ehe von Harald (Hartmut Schreier) und Edith (Andrea Held) ist schon an Haralds Gier, im Münchner Geldsack-Klima mitzuhalten, kaputtgegangen — nun kommen auch noch die Eltern (Evamaria Bath und Dietrich Körner) aus der früheren DDR, denen das Scheitern der Ehe verschwiegen und glückliches Zusammenleben vorgegaukelt werden soll. So will es Harald. Edith, die sich zur Esoterikerin entwickelt hat, sträubt sich zuerst und macht dann trotzdem mit. Also nehmen die Lügen ihren Lauf, damit die Wahrheit wieder zum Vorschein kommen kann. Und Wahrheit ist: das eheliche Glück, ein Leben ohne Konsumgeilheit und ohne übertriebenen Ehrgeiz. Denn dank der Alten, die rührend harmlos mit ihrer Lebensweisheit prunken — und dank den komplizierten Bankgeschäften, die Haralds Software-Laden ruinieren, kann sich das Paar dem süßen Rückzug aufs Glück im Winkel nicht mehr entziehen.

Das alles wird komödiantisch zelebriert — was freilich den konservativen Appell ans einfache Gemüt nicht lustiger macht, zumal die Komödie mit Anspielungen überfrachtet ist und gegen Ende ganz albern aus dem Ruder läuft. Dennoch hat dieser Fernsehfilm vier Hauptdarsteller aufzubieten, die aus der biederen Botschaft komödiantische Funken schlagen können. Und hin und wieder blitzt gar ein Dialogwitz auf: „Wenn schon Kapitalist, dann richtig“, spottet der alte Vater, als er begreift, daß sein Sohn nur mit „geleasten“ Statussymbolen protzt. Das haben Mühlbauer/Itzenplitz wohl auch beherzigt: Die DDR wird von anderen eingekauft, die Fernsehspielautoren leasen derweil Gemüt. Sybille Simon-Zülch