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Die Brüsseler Lobby-Weltmeister

■ Die PR-Strategen der großen Gentechnikproduzenten liegen gut im Rennen — bei Journalisten wie EG-Beamten

Schon wieder eine der üblichen Einladungen zum Stehempfang mit kleinen Leckereien und Alkoholika aller Art? Nein, dieses Mal versteckt sich in dem Wust von Propagandamaterial, das die Postbotin täglich durch den Briefschlitz stemmt, eine „Invitation zum Hintergrundgespräch“ im Brüsseler Feinschmeckerlokal „Grand Hotel“. „Senior Advisory Group“ (SAGB) nennen sich die Sponsoren, Mitglieder der Gruppe sind die sieben Chemiefirmen Monsanto, Hoechst, Sandoz, Unilever, ICI, Ferruzzi und Rhone-Poulenc Sante.

Im schummrigen Kerzenlicht sitzen die Journalisten vor großen Serviettenhüten. Während man auf den zweiten Gang wartet, kommt der Chefberater für Gentechnologie zur Sache. „Die europäische Biotech-Industrie gerät gegenüber ihren Konkurrenten in den USA und Japan ins Hintertreffen, wenn die EG nicht schleunigst die ,Industrie der Zukunft‘ fördert.“ Wie will man der Misere beikommen, die von Firmenvertretern schon seit Jahren an die Wand gemalt wird, aber nach Berichten aus den eigenen Reihen doch gar nicht den Tatsachen entspricht? Auf diese Frage hat der graumelierte SAGB-Vertreter nur gewartet. „Die Gemeinschaft muß alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Öffentlichkeit über die Vorzüge der Biotechnologie zu unterrichten. Versäumnisse könnten zu erheblichen Verlusten für die EG führen, sowohl was die potentiellen Arbeitsplätze als auch die Wettbewerbsfähigkeit der Industrien und die Führungsrolle bei der neuen technologischen Revolution anbelangt.“ Anderntags ist das fast wörtlich in einflußreichen europäischen Zeitungen nachzulesen .

Wichtiger als die Fütterung der Journalisten ist es allerdings, die Entscheidungsträger direkt zu beeinflussen. Die sind auf EG-Ebene weniger im Europaparlament als in der EG-Kommission und im Ministerrat zu finden. Den Ministern rücken die Lobbyisten über ihre nationalen Kanäle zu Leibe, in Brüssel suchen sie Kontakt mit den Beamten oder — noch besser — mit den Kommissaren der EG-Verwaltung. Weltmeister bei diesem Spiel ohne Grenzen ist die im Juli 1989 gegründete SAGB-Gruppe.

Auf ihre Papiere können auch die EG-Komissare zurückgreifen. So liegt ihr Dokument zur Genforschung ganz auf der Linie der SAGB-Lobbyisten. Immerhin machten sich die EG-Beamten dieses Mal die Mühe, deren Texte umzuschreiben. Bei einem ähnlichen Vorstoß vor einem Jahr hatten sie eine SAGB-Vorlage unverändert an den Ministerrat weitergeleitet. Einer SAGB-Initiative ist es auch zu verdanken, daß Kommissionspräsident Jacques Delors Ende März eine abteilungsübergreifende Arbeitsgruppe zur Koordination der biotechnologischen Aktivitäten in der EG-Behörde ins Leben rief.

Ihre Lobby-Erfolge haben die Chemiefirmen dem SAGB-Direktor Brian Eger zu verdanken. Bis vor einem Jahr sammelte er Erfahrungen in der Forschungs- und Technikabteilung der EG- Kommission und in der Zentrale der OECD, Organisation der 24 wichtigsten Industrieländer, wo er an Vorschriften zur Regulierung gentechnologischer Verfahren arbeitete. Neben ihm operiert ein dichtes Netz von Helfershelfern zum Wohle der Gentechnologie. Dazu gehören neben den High-Tech-Fans in den Stäben von Bangemann und Pandolfi der Koordinator für Gentech- Promotion in der EG-Kommission, Mark Cantley, und sein Landsmann Ken Collins, seines Zeichens Vorsitzender des Umweltausschusses im Europaparlament.

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