: Bargeld liegt auf der Straße
■ Bremerhavener Magistrat will nicht sagen, wo
In Bremerhaven liegt Geld beinahe offen auf der Straße herum. „Die Öffentlichkeit sollte auf keinen Fall unterrichtet werden“, beschloß deshalb die Ortspolizei. Der Magistrat ließ sich am Dienstag über den Fall unterrichten und will in aller Stille 135.000 Mark aus den „Tempo-30“-Mitteln ausgeben, damit künftig niemand mehr die Hand nach dem Geld ausstrecken kann.
Vom nackten Entsetzen eines Kassierdienstes
Hier gibt es nur ehrliche Menschen, vor allem in den städtischen Behörden, müssen sich Bremerhavens Stadtväter gedacht haben. Also kann die Stadtgemeinde sparen: In die Parkuhren werden identische Schlösser eingebaut, das spart zumindest Schlüssel.
Am 26. März packte dann aber den Kassierdienst das nackte Entsetzen: Sämtliche Parkuhren in der Hafenstraße, Georgstraße, Buchtstraße, Bülkenstraße, Grashoffstraße und Max-Dietrich- Straße waren mit einem Nachschlüssel geöffnet worden. Die Ortspolizei reagierte sofort und verschaffte sich einen Überblick. Nur in 353 Parkuhren können neue Schlösser eingebaut werden, „140 Parkuhren sind so alt, daß es dafür keine Ersazteile mehr gibt.“
Aber auch der Austausch von Schlössern und Parkuhren braucht Zeit. Kosten für neue Schlösser und neue Parkuhren: 130.000 Mark. Den Teilbetrag von 50.000 Mark kann man aus dem Topf der „Tempo-30“-Mittel entnehmen, fand der Magistrat.
Und was bis dahin? Die Stadtväter entwickelten Phantasie. Denn bisher haben die Groschen und Fünfziger bis zu zwei Wochen lang in den Kassetten auf die Langfinger gewartet. „Als Sofortmaßnahme“ sollen nun „im zweitägigen Rhythmus“ alle Parkuhren geleert werden. Die Sofortmaßnahme sei aber „nur für eine Übergangszeit möglich“, mußte der Magistrat am Dienstag eingestehen.
Der PKW für die vier vorgesehenen Monate kostet allein 4.706 Mark. Um „nicht Wiederholungstäter anzulocken“, steht in einer streng vertraulichen internen Magistratsvorlage, soll die Öffentlichkeit „auf keinen Fall“ informiert werden...
K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen