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Tierversuchs-Kontrolle am Ende

■ TierschützerInnen verlassen Kommission / Senatorin bedauert es

Die Kommission, die Bremens Gesundheitssenatorin Vera Rüdiger bei der Entscheidung über die Genehmigung von Tierversuchen berät, geht in die Brüche. Gestern kündigte die Vertreterin der „TierversuchsgegnerInnen Bremen e.V.“, Cornelia Petmecky, an, das Gremium zu verlassen. Vor einigen Tagen hatte schon Wolfgang Apel, der Vorsitzende des Bremer Tierschutzvereins, seine Mitarbeit beendet. Die Kommission könne und wolle Tierversuche in Bremen nicht verhindern, meinen die beiden TierschützerInnen. Gesundheitssenatorin Vera Rüdiger bedauerte die Rücktritte.

„Wenn wir die ethische Ebene der Tierversuche angesprochen haben, wurden wir immer abgewürgt“, beschwert sich Cornelia Petmecky. Außerdem sei die Kommission so besetzt, daß kaum ein Antrag abgelehnt werden könne. Wolfgang Apel sieht das genauso: „Die Abstimmungen laufen immer gleich: vier zu zwei.“ Gegen die anderen vier stimmberechtigten Mitglieder der Kommission haben die TierschützerInnen kaum eine Chance. Von insgesamt 20 Anträgen innerhalb der vier Jahre seit Gründung des Gremiums ist nur einer abgelehnt worden.

„Daß einem engagierten Tierschützer auch diese Entscheidungspraxis zu weit geht, halte ich für verständlich. Die Behörde jedoch ist an die Grenzen des Tierschutzgesetzes gebunden“, erwiderte die Gesundheitssenatorin auf die Kritik der TierschützerInnen. Immerhin sei mehreren Anträge nur mit zusätzlichen Auflagen stattgegeben worden und „zahlreiche zunächst geplante Versuchsvorhaben wurden erst gar nicht vorgelegt, nachdem die Beantragenden von der Hürde der Kommission erfahren hatten,“ ergänzte Vera Rüdiger.

Ein Mitglied der auf der Basis des Tierschutzgesetzes arbeitenden Kommission ist Professor Hans Flohr, der am Fachbereich Biologie der Universität Bremen selbst Tierversuche durchführt. Weder Vera Rüdigers Pressesprecherin Helga Loest noch die Kommissionsmitglieder wollen oder dürfen die Namen der anderen BeraterInnen verraten: Die Kommission hat sich in ihrer Geschäftsordnung selbst absolute Verschwiegenheit verordnet.

In seiner Hoffnung, daß die Kommission Licht in das Dunkel der Tierversuche bringen könne, sieht Wolfgang Apel sich enttäuscht. Der exklusive Kreis tagt grundsätzlich nichtöffentlich und darf keine Informationen über die eingereichten Anträge an die Öffentlichkeit geben.

Um die Kommission als Kontrollinstanz wirksam zu machen, fordert Cornelia Petmecky die Aufhebung der Schweigepflicht und eine paritätische aus KritikerInnen und BefürworterInnen von Tierversuchen. „Wissenschaftlich sind die meisten Anträge nicht fundiert“, sagt Wolfgang Apel. Der Tierschützer meint, daß die Tierversuche in der Regel durch Experimente mit Zellkulturen und andere Ersatzmethoden ersetzt werden könnten.

Die Versuche des Biologie- Professors Hans Flohr bewertet Apel so: „Die sind aus meiner Sicht lediglich der Grundlagenforschung zuzuordnen. Die von Flohr erwarteten Ergebnisse haben meiner Meinung nach mit dem Wohl von Mensch und Tier nichts zu tun.“ Professor Flohr dagegen meint, daß seine Experimente zum Beispiel für die Krebsforschung unerläßlich seien.

Nur ein Teil aller Tierversuche in Bremen fällt in die Zuständigkeit des Beraterkreises. Experimente im Rahmen der universitären Ausbildung und einige Versuche in der Arzneimittel-Forschung sind nicht genehmigungspflichtig. Hannes Koch

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