: Versteigerung knapp von Beschlüpfertem
NIL Ausländer ist sein bürgerlicher Name abhanden gekommen. Dafür nennt er eine Produzentengalerie sein eigen. Seit 4 Jahren versucht sich der Maler in Unabhängigkeit von Fremdgaleristen, verschafft er sich selbst die nötige Öffentlichkeit. Damit verbunden ist der direkte Kontakt zum Publikum, die ungepufferte Meinungsäußerung von Jedermann, so daß die Impulse direkt in die Arbeit zurückfließen können. NIL Ausländer ist Autodidakt und Quereinsteiger ins Kunstmetier. Quer liegt er auch zur hohen Warte des Akademiemalers mit dem Stil des Professors im Kreuz.
Jedoch in der Grolmannstraße scheint die Yuppie-Sonne und der Wille, unverkrümmt und im Alleingang gegen die Schönwetterkultur zu stehen, zehrt ebenso wie das Selbstmanagement, zumal die Verkaufspreise seiner Bilder nach Laune, Nase oder Volumen des Käufers festgelegt werden.
Darum tritt Ausländers Galerie ab Mitte Mai in zweisamen Betrieb. Mit dem Ost- Künstler Wolf Leo will der West-Künstler dann akut dem seltenen Bedürfnis zu »stinken« folgen, »stänkernd« auch mit Aktionen den ummauerten Raum verlassend. Im zukünftigen Konzept steht die Auseinandersetzung beider mit ihrer unterschiedlichen Herkunft, also das Arbeiten aus schmelzender östlicher und westlicher Bedingtheit heraus. Eingeläutet wird die neue Daseinsphase mit Abgesängen an die alte: Heute um 20 Uhr ist bunter Abend mit Tombola und Versteigerung. Unter den Hammer kommen drei Gemälde, die vorher von den Gästen selbst ausgewählt und dann von knapp 200 DM an aufwärts an Interessenten entboten werden.
Weiter gibt es für 5 DM Lose, die eine Grafik oder Zeichnung gewinnen.
Zur Verteilung steht Buntes und Blasses, thematisch meist an die menschliche Figur gebunden, die Verballhornung ebenso erleiden muß wie Verschönerung im Klimt'schen Jugendstil. Die malerische Herangehensweise des Künstlers zeigt sich in Brüchen und Sprüngen. Einflüsse der Vergangenheit wechseln mit populären Auffassungen von Gestaltung. Die Schirmherrschaft eines »Stils« im ursprünglichen Sinne gibt es nicht und wenn, dann heißt er Experiment. So betritt mal Kunst mit Kitsch brüderlich vereint das Territorium von Originalität, dann wieder fällt sie in knallige Aussage.
Zuletzt entstand eine Serie plakatähnlicher Arbeiten in Assoziation mit Puff und Porno, wobei knapp beschlüpferte oder Ent- BH-isierte in »Pose« gebracht und dann farbenfroh und flächig in die Groteske verabschiedet werden. Auch diese sind heute Abend mit großer Wahrscheinlichkeit mit im Entschlackungsverfahren. Wer also mehr über Dessous und deren Aufhängung wissen will. Frieda Wagner
Ab 20 Uhr Grolmannstr.51, 1000 Berlin 12
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen