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Zwangsschlichtung im Streik der US-Eisenbahner verordnet

■ Kongreß beschloß Dienstverpflichtung der 235.000 TeilnehmerInnen

Washington (taz/ap/wps/afp) — Ihre wirtschaftliche Macht ist den 235.000 streikenden US-EisenbahnerInnen zum juristischen Verhängnis geworden. Wie zu befürchten stand, hat der US-Kongreß in Washington am Mittwoch abend ein Zwangsschlichtungsverfahren angeordnet, um den Arbeitskampf der im Güterverkehr Beschäftigten beizulegen — den ersten größeren seit der Amtsübernahme Bushs. Die Betroffenen sind nun dienstverpflichtet und unterliegen einem Streikverbot. Dafür dürfen die Arbeitgeber sie auch nicht aussperren. „Wenn wir nicht mehr das Recht zu streiken haben, haben wir überhauot keine Macht mehr“, quittierte einer der Protestierer das Vorgehen des Parlaments.

Das neue Schlichtergremium hat den Auftrag, innerhalb von 65 Tagen die verbliebenen Streitpunkte auszuräumen. Wenn sich die Tarifparteien bis dahin nicht selbst einig werden, treten die Beschlüsse des Schlichtergremiums zwangsweise in Kraft.

Die einmütige Verabschiedung im Senat erfolgte im Schnellverfahren. Vorher hatte das Repräsentantenhaus die Vorlage mit 400 gegen fünf Stimmen angenommen. Ein Abgeordneter bezeichnete den Beschluß als neue Chance, die Empfehlungen eines ersten, vom Präsidenten eingesetzten Schlichtergremiums vom Jahresbeginn zu revidieren. Gewerkschaftsfunktionäre hatten geklagt, diese Empfehlungen bedeuteten den Verlust von über 20.000 Arbeitsplätzen.

Die Gewerkschaften hatten seit drei Jahren vergeblich Lohnerhöhungen, bessere Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen gefordert. Das beschlossene Gesetz sieht unter anderem eine dreiprozentige Lohnerhöhung im Juli und eine weitere von vier Prozent im Jahr 1994 vor, ferner verschiedene einmalige Zahlungen. Andererseits werden die Eisenbahner verpflichtet, einen Anteil an ihren Krankenversicherungskosten zu übernehmen.

Betroffen sind die Mitglieder von acht Gewerkschaften, die den Streik aufrechterhalten haben. Die mit drei anderen Gewerkschaften ausgehandelten Tarifverträge können in Kraft treten. Der US-Kongreß hatte in den letzten 28 Jahren elfmal eingegriffen, um einen Eisenbahnerstreik beizulegen.

Der Sprecher des Weißen Hauses, Marlin Fitzwater, hatte den unmittelbar von dem Streik verursachten wirtschaftlichen Schaden auf 50 Millionen Dollar pro Tag beziffert und angegeben, nach weiteren zwei Wochen Streik würden sie 630 Millionen Dollar pro Tag betragen. In der heftigen Kampagne gegen die Gewerkschafter unmittelbar vor Streikbeginn hatte die Administration noch behauptet, der Schaden an der ohnehin angeschlagenen Volkswirtschaft belaufe sich auf rund eine Milliarde Dollar täglich.

Häufig versuchen bei Arbeitskämpfen die Vorstände der bestreikten Unternehmen, mit Büropersonal einen Notdienst aufrechtzuerhalten. Um die Lage zuzuspitzen, hatten sie diesmal darauf verzichtet. Offizielle Begründung ist, daß durch die scharfen Rationalisierungsmaßnahmen der letzten Jahre dafür nicht mehr genügend Angestellte zur Verfügung stünden.

Als Folge des Ausstands hatten die drei großen Automobilkonzerne in Detroit Vorbereitungen für eine Schließung von Fabriken und die vorübergehende Entlassung von Tausenden Arbeitnehmern getroffen. Bei der ausgefeilten logistischen Infrastruktur, bei der die Lagerhaltung praktisch auf die heranrollenden Waggons verschoben ist, drohten ihnen die Zulieferteile auszugehen. General Motors, der weltgrößten Autohersteller mit 184 Fabriken in den USA, erwartet einen nahezu vollständigen Produktionsausfall noch vor dem Wochenende. Eine Sprecherin sagte, das 75 bis 80 Prozent der Fertigungen innerhalb von 24 Stunden beeinträchtigt sein würden. Ähnliches wurde auch von der Chemischen Industrie berichtet, deren Transporte zu 53 Prozent über die Schiene abgewickelt werden. diba

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