: FMLN will weiterverhandeln
Der Mord an Jesus Rojas und neue Widerstände des Präsidenten erschweren den Dialog in El Salvador ■ Aus Managua Ralf Leonhard
Der Leichnam des am 11. April getöteten FMLN-Kommandanten Antonio Cardenal, alias Jesus Rojas, wurde am Mittwoch von den nächsten Angehörigen nach Managua gebracht. Bedeckt mit den Flaggen Nicaraguas und der Befreiungsfront Farabundo Marti (FMLN), stand der Sarg des ehemaligen Seminaristen in der Jesuitenuniversität aufgebahrt. Beigesetzt wurde Jesus Rojas neben seinem Bruder Gabriel, der im Juli 1979 im Aufstand gegen Somoza gefallen war.
Die salvadorianische Armee hatte anfangs versucht, die Repatriierung des Toten zu verhindern. Denn nach Untersuchungen des erzbischöflichen Rechtshilfebüros „Tutela Legal“ hatte Jesus Rojas fünf Einschüsse im Kopf, vier davon ohne Austrittsöffnung, und einen durch eine MG-Salve durchlöcherten Rücken — alles Anzeichen für eine Hinrichtung aus unmittelbarer Nähe.
„Wir verstehen diesen Mord als Provokation, der uns dazu bringen soll, den Verhandlungstisch zu verlassen“, erklärte in Managua Mercedes del Carmen Letona von der Politisch-Diplomatischen Kommission der FMLN. Der Dialog mit einer Regierungsdelegation, der am 4. April in Mexiko begann, solle jedoch fortgesetzt werden. Die Antwort soll militärisch ausfallen.
Am Dienstag war die 1. Infanteriebrigade in San Salvador bereits Ziel eines Artillerieangriffes. Doch die Armee muß sich in nächster Zeit auf Attentate auf hohe Offiziere gefaßt machen. „Wir hatten derartige Operationen im Hinterland des Feindes praktisch suspendiert“, erläuterte Rebeca Palacios.
Die FMLN-Vertreter zeigten sich besorgt über den geringen Fortschritt der Verhandlungen, die am Wochenende für drei Tage unterbrochen worden waren. Unter Vermittlung der Vereinten Nationen werden Verfassungsreformen und die Modalitäten eines Waffenstillstands diskutiert. Ohne Abänderungen des Grundgesetzes, das der Armee außergewöhnliche Vollmachten gibt, ist ein Fortschritt schwer vorstellbar. Präsident Cristiani, der anfangs seine Bereitschaft erkennen ließ, mit der Verfassungsreform ernst zu machen, hat nach einer rabiaten Kampagne der extremen Rechten, die den Präsidenten als „Vaterlandsverräter“ verketzert, wieder zurückgesteckt. Zuletzt war er nicht einmal bereit, Artikel 248 der Verfassung zu modifizieren. Dieser bestimmt, daß jede Verfassungsänderung von zwei aufeinanderfolgenden Parlamenten beschlossen werden muß. Solange er gilt, muß ein Dialogabkommen vor dem 30. April, dem letzten Tag der Legislaturperiode, unterschrieben werden — sonst gibt es erst in drei Jahren die nächste Gelegenheit. Mercedes Letona: „Wenn der Artikel nicht reformiert wird, muß Cristiani die politischen Folgen tragen.“
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