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Hängt sie höher

■ Molly Hatchet, die einzig wahren Cowboy-Rocker, räumten im Aladin ab

Die Trucks auf dem Parkplatz angepflockt, die Cowboystiefel gegen Turnschuhe ausgetauscht: Molly Hatchet, Südstaaten-Rocker aus Florida, treiben derzeit eine Herde wilder Lieder durch die Bundesrepublik. Donnerstag fielen sie im Aladin ein, inszenierten ein wildes Rock-Rodeo, und beinah hätten sie aus Begeisterung nach guter, alter Cowboy-Art den Pianisten erschossen. Der gehörte aber gottlob zur Band und wurde noch gebraucht.

Und wie: Fremder, wenn Du zu Molly Hatchet gehst, laß Deine Nerven zu Hause. Jeder weiche Ton wurde knallhart an der nächsten Gitarrensaite aufgehängt, Cowboy-Rocker, die schneller spielten als ihre Schatten. DIe harten Ritts auf wildgewordenen Gitarren hinterläßt seit Jahren tiefe Narben an den Fingern der Männer.

Keine Gnade für zarte Ohren, der Prügelknabe am Schlagzeug verteilte Tiefschläge in die Magengrube, und das Honky-Tonk- Klavier ließ die Bremer Puppen tanzen. Die Patronengürtel waren knallvoll mit Rock'n'Roll für zwei Stunden, dazu reichlich Pulverdampf aus der Nebelmaschine: Wem hier ein Lied um die Ohren pfiff, der war verloren. Nebenan rieb sich der Totengräber die Hände: Es würde jede Menge Schnappsleichen geben, wenn die Show vorbei ist.

Und Danny Joe Brown, Sänger(?) und Urmolly aus alten Pioniertagen, als die Cowboys meistens noch nüchtern durchs Land zogen und nicht nach Diesel, sondern nach Pferdeschweiß rochen. Davon ist nicht viel geblieben, und passend zur Whisky-Stimme ist der Oberkörper des Sängers in ein ansehnliches Faß mutiert, daß behäbig über die Bühne rollt. Stirnband statt Cowboy-Hut, und nicht das Lasso, sondern der Mikrophonständer wird geschwungen. Bevor Danny Joe Brown auftrat, wurde erst einmal eine Palette Dosenbier auf die Bühne gehievt, das brachte den nötigen Schwung. Was der Sänger an Spezialmischungen in seiner Blechtasse hinterlassen hat, muß möglicherweise auf einer Sondermülldeponie entsorgt werden.

Ein wildes Stück Jacksonville brachten die Mollies am Donnerstag Abend nach Hemelingen, und lange wurde schon nicht mehr so frischer Rock geboten wie an diesem Abend. Die Band hätte ein paar Besucher mehr verdient, nur knapp 800 mögen sich am Notenhagel erfreut haben, der nach Tabakanbau und Metallindustrie roch. Derzeit wird der Steckbrief der Molly-Bande in der ganzen Bundesrepublik verteilt. Wer sie hört, kann sich eine saftige Belohnung verdienen: Ein Rock-Erlebnis, daß man nicht hoch genug hängen kann. mad

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