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Operation Sündenbock

■ Über den begrenzten Nutzen schärferer Umweltgesetze

Operation Sündenbock Über den begrenzten Nutzen schärferer Umweltgesetze

Das ist doch endlich mal eine positive Nachricht: die Bundesrepublik erhält das „schärfste Umweltstrafrecht der Welt“. Nach dem von Justizminister Kinkel eingebrachten neuen Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität wird die Höchststrafe für besonders schwere Taten auf zehn Jahre hochgesetzt. Neben dem Schutz des Bodens, dessen Verschmutzung bisher strafrechtlich nicht zu erfassen war, soll es auch schuldhaften Luftverschmutzern schärfer an den Kragen gehen, von denen nach dem alten Gesetz im Jahr 1989 nur ganze 14 verurteilt werden konnten. Auch einige Lücken beim Umgang mit gefährlichen Stoffen werden geschlossen, dem „Abfall-Tourismus“ wird ein gesetzlicher Riegel vorgeschoben. Auf „Pflichtwidrigkeit“ (und damit Ordnungsstrafe) werden sich die Verantwortlichen nicht herausreden können — sie kommen hinter Gitter.

Zwar zeugt das neue Gesetz von einer Steigerung des Bewußtseins. Andererseits haben Parolen wie „schärfstes Umweltstrafrecht der Welt“ genau den gegenteiligen Effekt: sie lullen ein. Wenn es den großen „Umweltschweinen“ so massiv ans Leder geht — na dann, so dürfen wir landläufigen Ferkel fortan denken, kann man „für die Umwelt“ doch eigentlich gar nichts mehr tun. So notwendig solch schärfere Gesetze sein mögen, so groß ist die Gefahr, daß sie die Eisberge verdecken, die unter den kriminellen Spitzen lauern: jene Megatonnen von legalem Gas-, Gift- und Strahlenmüll, den unsere „zivilisierte“ Konsum- und Produktionsweise täglich ausstößt. Diese Lawine ist vom ökonomischen Wachstumszwang getrieben und läßt sich auch durch einen massenhaften Neubau von Gefängnissen nicht aufhalten. Die schärfere Fixierung von „Umweltsündern“ ist eine Operation Sündenbock. Denn die wirklichen Täter sind wir Umweltengel, die Ursache der Krankheit unsere Lebensweise. Dagegen hilft kein Staatsanwalt. Mathias Bröckers

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