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Was hieß noch gleich Demokratie?-betr.: "Gespräche in der Art eines runden Tisches", Interview mit Konrad Weiß (Bündnis 90), taz vom 13.4.91

betr.: „Gespräche in der Art eines runden Tisches“, Interview mit Konrad Weiß (Bündnis 90),

taz vom 13.4.91

Wie hieß es noch während der Oktoberrevolution: „Wir sind das Volk!“. Wir wollten endlich an den politischen Entscheidungsfindungen, die als „vom Volke ausgehend“ deklariert wurden, beteiligt werden. Mittlerweile sind einige Mitglieder der Bürgerbewegungen — ich bin selbst eines — „Demokraten“ geworden. Wird ja auch gut bezahlt.

Da sagen Sie, Sie seien im Gegensatz zu den Grünen Realisten und als solche sehen Sie, daß „nicht alle Entscheidungsfindungen öffentlich stattfinden können“. Sie haben selbst am Runden Tisch gesessen! War's wirklich so schlimm? Waren die Entscheidungen damals einfacher, so daß man auch das blöde Volk dabei beteiligten konnte? Ach so, Sie sind ja jetzt parlamentarischer Demokrat geworden. Was hieß noch gleich „Demokratie“? Volksherrschaft? Na, dann benutzen wir doch lieber den griechischen Ausdruck.

In Ihren „Expertenrunden“ wird auch die PDS fehlen. Das bereitet Ihnen keine Probleme, denn nun sind Sie ja parlamentarischer Demokrat. Wer will schon eine Partei in diesen „Expertenrunden“ sehen, bei der früher die wichtigsten Entscheidungen in „Expertenrunden“, unter Ausschluß der Öffentlichkeit, getroffen wurden? Das ist ja antidemokratisch! Hoppla, ich meine natürlich, es war antidemokratisch; ich habe manchmal Probleme, Gegenwart und Vergangenheit auseinanderzuhalten.

Natürlich darf sich durch Ihre Mitarbeit im verschlossenen Kämmerlein nicht „die Rollenverteilung von Regierung und Opposition ändern“. Sie ist schließlich ein wesentlicher Bestandteil unserer Demokratie. Ich kann Ihnen versichern, das wird auch nicht geschehen. Das wird nicht einmal dann geschehen, wenn es zur „Großen Koalition“ kommt, bei der Sie selbstverständlich eine Mitarbeit von Bündnis 90 nicht ausschließen wollen. Ich möchte in diesem Zusammenhang als geplagter Zeitungsleser, der mitunter Probleme hat, Regierung und Oppositon zu unterscheiden, die Gründung einer „Deutschen Einheitspartei“ — zu eindeutig? — na dann eben einfach „Demokratische Partei“ anregen, in welcher sich alle Bundestagsparteien und -bewegungen, die Ihr Demokratieverständnis teilen, zusammenschließen. Das würde vieles vereinfachen und unsere Demokratie, so wie Sie sie verstehen, in keiner Weise ändern. [...] Michael Doppel, Ilmenau

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