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Kinkel für Stasi-Kronzeugenregelung

■ Strafnachlaß bei wichtigen Informationen über die RAF möglich

Hamburg (ap) — Bundesjustizminister Klaus Kinkel hat ehemaligen Stasi-Offizieren Strafnachlaß in Aussicht gestellt, wenn sie als Kronzeugen wichtige Informationen über die Rote Armee-Fraktion geben können. Dies sei vor allem dann denkbar, wenn sie Strukturen der RAF offenlegten und so Terroranschläge verhindern hülfen, sagte er der 'Welt am Sonntag‘. Der Justizminister von Mecklenburg-Vorpommern, Ulrich Born, sagte, mit Überwachung und Einschüchterung „arbeiten alte Stasi-Seilschaften unverändert weiter“. Thüringen will als erstes der neuen Bundesländer einen Verfassungsschutz gründen und ihn auch mit der Verhinderung weiterer Stasi- Aktionen beauftragen.

Kinkel sagte, bisher gebe es von ehemaligen Mitarbeitern des DDR- Ministeriums für Staatssicherheit nur Angebote, gegen Zugeständnisse über die DDR-Spionage auszupacken. Wenn Mitarbeiter des DDR- Dienstes aber etwas über die Zusammenarbeit von Stasi mit den westdeutschen Terroristen sagen könnten und damit Strukturen der RAF offenlegten und Anschläge verhinderten, wäre die Anwendung der Kronzeugenregelung denkbar.

Sie und die Staatsanwaltschaften der Länder hätten bei laufenden Ermittlungsverfahren schon „ganz gut“ Einblick in Stasi-Akten, sagte der Bundesjustizminister weiter. Auch die Sicherheitsbehörden müßten aber in kontrolliertem Umfang Zugang zu den Sachakten bekommen, die für die Bereiche Terror und Spionage angelegt worden seien. Einen Zugriff auf die Akten der Stasi- Opfer brauche es nicht.

Der Justizminister in Schwerin, Born, sagte der 'Bild am Sonntag‘: „Mit Flüsterpropaganda, Einschüchterung, Telefon- und Fernsehüberwachung arbeiten alte Stasi- Seilschaften unverändert weiter.“ Sie wollten der Bevölkerung einreden: „Wir kommen wieder dran.“ Ihnen stünden modernste technische Geräte zur Verfügung, und sie träfen sich konspirativ. „Wir werden ab kommende Woche wichtige staatliche Gebäude der Justiz von westlichen Sicherheitsexperten überprüfen lassen“, sagte der Minister.

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