: Schmutzwäsche statt Skandal
■ AL-Kreuzberg prüfte Vorwürfe gegen Hochbauamt: Millionenskandal ist keiner/ CDU wußte von angeblichen Fehlentscheidungen, SPD profitierte
Kreuzberg. Der angebliche Millionenskandal im Kreuzberger Hochbauamt scheint sich als das herauszustellen, was er ist: schmutzige Wäsche, die auf Kosten des politischen Gegners gewaschen werden sollte. So lautet zumindest das Fazit von Baustadträtin Erika Romberg (AL), die die Vorwürfe des Rechnungsprüfungsausschusses prüfen ließ. Der routinemäßig tagende Ausschuß, in dem alle Fraktionen vertreten sind, kam Ende Februar zum Schluß, daß durch falsche Entscheidungen des Hochbauamtes dem Bezirk millionenschwere Schäden entstanden seien. Einzelne Bezirksverordnete sprachen damals von sechs Millionen Mark.
Barbara Oesterfeld, Fraktionsvorsitzende der Kreuzberger AL, äußerte gestern den Verdacht, daß die Vorwürfe an das Bauamt den Eindruck erwecken sollten, die AL- Stadträte hätten ihr Amt nicht im Griff. Fakt sei jedoch, daß die vier bemängelten Entscheidungen des Amtes das CDU-geführte Grundstücksamt mitgetragen habe. Einer dieser Entscheidungen habe auch der SPD-Jugendstadtrat zugestimmt und davon profitiert. Dennoch, gestand Romberg zu, habe es im Bauamt Fehler gegeben. Sie werde deshalb ihre Entscheidungen bei Bauvorhaben, die finanziell unsicher seien, schriftlich anweisen und die Bezirksverordnetenversammlung informieren, wenn Gelder umverteilt würden.
Der Prüfungsausschuß hatte bemängelt, daß in der Markgrafenstraße ein Haus modernisiert wurde, obwohl die Kosten vorher nicht abgeschätzt worden seien. Die AL begründete die Maßnahme des damaligen Baustadtrates Orlowsky mit der Gefahr, daß das Haus erneut besetzt werden sollte. Wenn das Haus später instand gesetzt worden wäre, wäre dies vermutlich nicht billiger geworden. Der Ausschuß hatte weiter moniert, daß bei der Bauabnahme eines Daches in der Kohlfurter Straße nicht bemerkt worden sei, daß dort eine billigere und schadhafte Plane eingezogen worden sei. Romberg hat drei Gutachten erstellen lassen, die zu dem gegenteiligen Schluß kommen: der Plane hätte man beides nicht ansehen können. Auch war der Anbau eines Jugendzentrums teurer geworden als geplant, weil statt einer Abstellkammer eine Milchbar gebaut wurde. Vorwürfe an das Hochbauamt wies Romberg in diesem Fall zurück, weil die Änderung im Einvernehmen mit dem SPD-Jugendstadtrat vorgenommen worden sei. Dirk Wildt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen