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Ex-MfSler sind ganz normale Studenten

■ Verwaltungsgerichtsurteil: Ehemalige Stasi-Mitarbeiter dürfen nicht vom Studium ausgeschlossen werden/ Keine Regelungen für öffentlichen Dienst

Berlin. Frühere Arbeit in der Staatssicherheit ist kein hinreichender Grund, einem Bewerber eine Berufsausbildung zu verwehren. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden. Die Humboldt-Universität (HU) hatte im Februar 23 Ex-MfSler aus dem Sonderstudiengang Sozialtherapeutik ausgeschlossen. Ein Teil von ihnen war daraufhin vor Gericht gegangen. Jetzt muß die alma mater alle wieder immatrikulieren.

Die Stasi-Männer gehörten zu insgesamt 117 »angehenden arbeitslosen Akademikern«, die im vergangenen Sommer vom Arbeitsamt I für die zweijährige Umschulung ausgewählt worden waren. Nachdem sich einige in Lehrveranstaltungen offenbart hatten, schlug eine Gruppe von Studentinnen Krach. Im Januar beschloß der Akademische Senat, die Ausbildung kurzzeitig zu beenden und eine Überprüfungs-Kommission einzusetzen. Die legte nach persönlichen Gesprächen mit jedem Studenten fest, wer weiterstudieren dürfe und wer nicht. Wichtigstes Argument der Hochschulleitung war, ehemalige Stasi-Mitarbeiter bedürften selbst der Therapie und könnten nicht in dem Fach arbeiten.

Gegen die Betroffenen gebe es juristisch keine Handhabe, erläuterte der Vorsitzende der 7. Kammer, Detlef Bitzer. Vor geltenden Recht seien sie »völlig normale Studenten«. Beschränkungen seien im öffentlichen Dienst legitim, nicht aber bereits in der Ausbildung. Das wäre ein Verstoß gegen die im Grundgesetz festgeschriebene Freiheit der Berufswahl. Laut Berliner Hochschulgesetz könnten »Studienunwürdige« exmatrikuliert werden, frühere MFS-Mitarbeit sei dabei jedoch nicht berücksichtigt. Auch der Einigungsvertrag enthalte keine spezielle Regelung für Studenten. Die Humboldt-Universität habe mit der Beendigung des Studienganges sicher »den falschen Weg« gewählt und so versucht, eine reguläre Exmatrikulation zu umgehen. Das Gericht hätte vor einem völlig neuen Problem gestanden, räumte Bitzer ein. Es konnte sich auf keine Vorentscheidung einer anderen Kammer stützen.

»Dieses Ergebnis haben wir nicht vorhergesehen«, äußerte der 1. Prorektor der HU, Prof. Adolf Zschunke, betroffen. Man sei davon ausgegangen, »daß es sich nicht um einen normalen Studiengang handelt«. Der Akademische Senat wollte außerdem die Interessen der übrigen Studenten wahren. Die Berufsaussichten der Absolventen wären geringer, wenn der gesamte Lehrgang diskreditiert werde.

Einige Ex-MfSler hätten sich im Überprüfungsgespräch offen und reumütig zu ihrer Vergangenheit bekannt und Verständnis für die Entscheidung der HU gezeigt, berichtet Zschunkes Referent, Dr. Wolfram Bremser. Ihnen sei daraufhin eine Umlenkung angeboten worden. Andere präsentierten sich als Hardliner. »Die haben sich nicht entblödet, zu sagen: Ich habe mich zwanzig Jahre lang mit Menschen beschäftigt. Das kann ich auch weiter tun. Aber auch die können jetzt weiterstudieren«, so Dr. Bremser. Das Arbeitsamt I müsse sich die Frage gefallen lassen, ob die Ausbildung für die 23 weiter finanziert werde, obwohl kaum Aussicht auf Anstellung bestünde. Thomas Kunze/adn

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